Durch die Wüste

TAUSENDUNDEINESCHLACHT In „Black Gold“ erzählt Jean-Jaques Annaud von edlen arabischen Fürsten, dem Ölfieber, Verrat, Liebe und Kämpfen in Dünen. Karl May lässt grüßen

VON WILFRIED HIPPEN

Edle Krieger, die auf ihren Pferden die Panzerwagen des Feindes angreifen; eine kleine Gruppe von amerikanischen Geologen, die als erste Öl in Arabien entdecken; eine riesige Karawane von abgerissenen Gestalten, die in eine Wüste ziehen, die noch keiner durchquert hat. Der Komponist James Horner lehnt seine Filmmusik nicht umsonst an das schwelgerische Score von Maurice Jarre für „Lawrence Of Arabia“ an. Auch hier wird ein Epos aus der arabischen Wüste erzählt.

Die Romanvorlage „The Great Thirst“, die der Schweizer Weltenbummler Hans Ruesch 1975 veröffentlichte, bietet Jean-Jacques Annaud viel Gelegenheit, für die große Leinwand wieder eine fremde, eher mythische als realistische Welt zu schaffen. Dabei wird von den Anfängen des bis heute noch virulenten Grundkonflikts der arabischen Welt erzählt.

Nachdem Anfang der 30er Jahre in einem bis dahin als wertlos bewerteten Wüstengebiet große Ölvorkommen entdeckt wurden, kommt es zum Streit zwischen zwei Scheichtümern um dieses Land. Der Sultan von Salmaah will die traditionellen Werte Arabiens bewahren, denn er ahnt, dass die Wüstenbewohner einander „nicht mehr erkennen“ werden, wenn sie das Öl an westliche Firmen verkaufen und dadurch unermesslich reich werden.

Der Emir von Hobeika leidet dagegen an der Rückständigkeit seines Landes. Er sieht die Araber als „die Kellner an den Banketten der Welt“ und nutzt die Chance, die der Ölfund ihm bietet. Die beiden Patriarchen werden von Mark Strong (edel und charismatisch) und Antonio Banderas (verschlagen und selbstironisch) mit dem gebührenden Gewicht und Pathos gespielt, doch es sind ihre Kinder, die das Drama in der Wüste wirklich ausspielen.

Und dabei entwickelt sich Auda, der jüngste Sohn des Sultans von Salmaah, zum eigentlichen Helden des Films. Als Geisel des Emirs von Hobeika und „Bibliothekar“ verliebt er sich in dessen Tochter, und zieht nach dem Zerwürfnis der beiden Väter eher unwillig mit einer Truppe von in den Dienst gepressten Gefangenen in die Wüste. Dort entwickelt er zu seinem eigenen Erstaunen ein außergewöhnliches Talent für das Kriegshandwerk, und sein siegreicher Feldzug durch die Wüste beherrscht den zweiten, viel spannenderen Teil des Films. Hier kann Annaud mit großen Landschafts- und Schlachtpanoramen aus dem Vollen schöpfen.

Auch weil Tahar Rahim die Wandlung des zuerst eher schwächlich wirkenden Auda zum souveränen Wüstenaristokraten so glaubwürdig gelingt, stört die manchmal ein wenig simple Dramaturgie (ein Angriff auf das Wüstenlager bewahrt Auda in letzter Sekunde davor, seiner Frau mit einer wilden Beduinen-Schönheit untreu zu werden, und auch sonst wird immer genau im passenden Moment gestorben) nicht wirklich.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen in der Region kann man natürlich fragen, wie zeitgemäß solch ein Film heute noch ist. Erzählt wird hier aus einer westlichen, letztlich noch kolonialistischen Perspektive und nicht zufällig kommen die texanischen Ölbohrer und Geschäftsleute als passive Zeugen und Bittsteller daher. Wenn sich in sich in Deutschland ein Produzent findet, der sich traut, wieder einmal Stoffe von Karl May zu verfilmen, dann ist dies Annauds perfekte Visitenkarte dafür.