UNTERM STRICH

Der Historiker Imanuel Geiss ist tot. Er starb laut einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa nach schwerer Krankheit in der Nacht zum Montag in Bremen im Alter von 81 Jahren. Der in Frankfurt am Main geborene Geiss arbeitete seit 1973 an der von ihm mitgegründeten Universität Bremen. Geiss arbeitete in den sechziger Jahren an Fritz Fischers Werk „Griff nach der Weltmacht“ mit, das die These vertrat, die Weltmachtbestrebungen Deutschlands hätten zum Ersten Weltkrieg geführt. Das Nordwestradio zitiert Geiss dazu in einem Nachruf: „Die älteren Historiker waren ja selbst noch Weltkriegsteilnehmer gewesen an der Front als Offiziere und Soldaten.“ Sie hätten sich von Historikern wie Fischer ihr Kriegserlebnis nicht rauben lassen wollen. Geiss trat früh für die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze und eine Annäherung an die DDR ein und nahm die spätere Ostpolitik der SPD vorweg. Geiss untersuchte den Panafrikanismus und veröffentlichte eine „Geschichte des Rassismus“. Er wurde als linker Historiker wahrgenommen, bis er im Historikerstreit über den Umgang mit dem Holocaust eine vermittelnde Position einnahm: „Als der Historikerstreit aufkam – 1986 – galt ich dann als Rechter, als Renegat, und wurde entsprechend isoliert“, zitiert ihn der Sender. Zuletzt erschienen Werke zum Jugoslawienkrieg und dem Zerfall der Sowjetunion.