Nazis hinter dem Mond

SPACEFASCHOS In „Iron Sky“ erzählt Timo Vuorensola von einer Nazikolonie auf der dunklen Seite des Mondes, die die Erde mit Weltraum-Zeppelinen angreifen. Udo Kier spielt den „neuen Führer“ Kortzfleisch und Götz Otto gibt einen Model-Arier

VON WILFRIED HIPPEN

George Lucas macht keinen Hehl daraus, dass er durch Nazifilme zu „Star Wars“ inspiriert wurde. Die Luftkämpfe der Stukas, die für nationalsozialistische Wochenschauen so virtuos fotografiert und montiert wurden, waren die Vorbilder für seine Raumschlachten und Luke Skywalker siegte in einer Weltraumausführung der „Messerschmitt“.

Für die Ästhetik des „Imperiums“ bediente sich der Regisseur ausgiebig bei Leni Riefenstahl, und so ist es eine eigentümliche Doppelung, wenn der finnische Regisseur Timo Vuorensola nun nur halb im Scherz sagt, sein Film sei „eine Mischung aus ‚Star Wars‘ und ‚Triumph des Willens‘“. Tatsächlich scheint er stilistisch vieles bis zur Kenntlichkeit zu treiben, wenn etwa die Siedlung der Nazis auf der dunklen Seite des Mondes im Stil von Albert Speer als riesiges Hakenkreuz angelegt ist, oder wenn die Raumschiffe, die die Erde angreifen, riesige Zeppeline sind.

Diese Bilder sind darum so wirkungsvoll, weil die anachronistische Wirkung nicht überdecken kann, wie nah das Genre der historischen Quelle immer gewesen ist. Und so ist das Konzept der „Space Opera“ nur konsequent zu Ende gedacht, wenn in „Iron Sky“ die Nazis auf der dunklen Seite des Mondes eine Siedlung aufgebaut haben und im Jahr 2018 von dort aus planen, die Erde zu erobern.

Man merkt dem Film an, dass Vuorensola am liebsten bastelt und ballert. Die Special-Effekte sind mit viel Liebe am Detail zusammengebaut und längst nicht so trashig, wie das für solch einen Film sehr niedrige Budget von 7,5 Millionen Euro befürchten ließ. Zum Teil wurde der Film durch Online-Spenden finanziert und nicht nur dadurch wurde er zum Internet-Phänomen. Hier wurden auch so viele irrwitzige Ideen zusammengeworfen, als wäre das Drehbuch kollektiv in Internet-Foren geschrieben worden.

Doch neben einigen Rohrkrepierern (kaum jemand kann über den von den Nazis zwangsgebleichten afroamerikanischen Astronauten lachen) gibt es erstaunlich viele gute Pointen wie jene, dass die US-Präsidentin ein Sarah Palin-Clone ist, und sich über den Angriff der Nazis freut, denn „Kriegspräsidenten werden wiedergewählt“.

Es war auch eine gute Idee, mit der Ikone des seltsamen Kinos Udo Kier in der Rolle des neuen Führers Kortzfleisch (subtil ist Vuorensola nun wirklich nicht) und dem Bond-Schurken Götz Otto als dem Model-Arier Klaus Adler zwei bekannte deutsche Darsteller mit großem Trash-Quotienten zu besetzten.

Und geradezu furchtlos war Vuorensola, als er der slowenischen Gruppe Laibach, die eigenwillig und provokativ mit faschistischen Versatzstücken arbeitet, den Auftrag für die Filmmusik gab. Doch auch dieses Wagnis zahlt sich aus, denn der bombastische Soundtrack wirkt genauso parodistisch wie die Stahlhelme auf den Raumanzügen.

In dem Dokumentarfilm „Die Mondverschwörung“ lässt Thomas Frickel übrigens eine ganze Reihe von Verschwörungstheoretikern zu Worte kommen, die tatsächlich glauben, die Nazis hätten nach 1945 sowohl die Antarktis wie auch den Mond besiedelt. Dies wäre die ideale Ergänzung für ein Doppelprogramm.