Die Ehen-Auffrischungs-Kur

ROMANZE In „Wie beim ersten Mal – Hope Springs“ von David Frankel spielen Meryl Streep und Tommy Lee Jones ein altes Ehepaar, das sich in eine Therapie begibt.

Spannend wird der Film durch Jones, der so gegen sein Image eingesetzt wurde, dass dies für sich schon komisch ist

VON WILFRIED HIPPEN

In jeder Ära gibt es in Hollywood einen Schauspieler, der die Befindlichkeiten der Nation perfekt zu verkörpern scheint. Spencer Tracy, James Stewart, Tom Hanks und in den 90er Jahren seltsamerweise Bill Pullman (der Emmerichs Präsidenten der Vereinigten Staaten genauso überzeugend gab wie einen schizophrenen Jazzmusiker bei David Lynch) wurden und werden so als die „guten Amerikaner“ angesehen. Seit einiger Zeit entwickelt sich nun Tommy Lee Jones zu solch einer Ikone. In „Three Burials“, „No Country for Old Men“ und „In the Valley of Elah“ verkörpert er den Mann, der durch harte Erfahrungen nicht verhärtete: den „Last Man standing“, der keine Machoattitüden nötig hat. Als Schurken kann man ihn sich nur schwer vorstellen, als komische Figur schon eher, denn seine stoische Beharrlichkeit wirkt auch immer ein wenig steif. Diese Qualität hat Barry Sonnenfeld sehr effektiv in den „Men in Black“ eingesetzt. Dort sind Jones und Will Smith ein perfekt eingespieltes „Odd Couple“ in der Tradition von Jack Lemmon und Walther Matthau. Im Grunde spielt er diese Rolle auch in „Hope Springs“, nur dort hat der Regisseur David Frankel aus ihm und Meryl Streep ein „Old Couple“ gemacht. Streep zeigt hier einmal mehr, dass sie alles spielen kann. Wie Robert De Niro ist sie in den letzten Jahren nicht mehr nur in ambitionierten Filmen zu sehen, und so gibt sie in einem Jahr eine oscarprämierte Margaret Thatcher und in einem anderen die Mamma im Abba-Musical „Mamma Mia“. David Frankel inszenierte 2006 mit ihr „Der Teufel trägt Prada“ und an diesen großen Erfolg wollen die beiden mit der Komödie „Hope Springs“ anschließen.

Ihr wurde die Rolle offensichtlich auf den Leib geschrieben, doch spannend wird der Film durch Jones, der hier so gegen den Typ und sein Image eingesetzt wurde, dass dies für sich schon komisch ist. Er spielt Arnold, einen Bürohengst und Gewohnheitsmenschen, dessen Leben nur aus Routine besteht. Morgens liest er seine Zeitung, nachts schläft er vor dem Fernseher ein und seine Frau Kay nimmt er dabei kaum noch wahr. Aber die lässt sich dies nicht mehr bieten. Sie meldet die beiden zu einer „Intensivtherapie“ bei einem Wunderdoktoren an, dessen Ratgeber auf der Bestsellerliste steht. Zuerst weigert Arnold sich, doch als Kay ihm mit der Trennung droht, fährt er widerwillig mit auf die einwöchige Kur in dem Touristenort „Great Hope Springs“ in Maine.

Ein wenig macht sich Frankel da auch über die Auswüchse des Therapiebooms lustig. Die Kunden von Dr. Feld sind offensichtlich eine der wichtigen Einnahmequellen des kleinen Hafenstädtchens, das im entsprechenden Postkartenstil herausgeputzt wurde. In jedem Laden weiß man, welchen Lektüre und welche Mittelchen der Herr Doktor empfiehlt und in einer der witzigsten Szenen des Films agiert die Einheimischen in einer vollbesetzten Bar wie ein vom Doktor persönlich gut eingestimmter Chor auf eine intime, aber für Kay therapeutisch wertvolle Frage, die in einer normalen Hafenkneipe so wohl nie gestellt würde.

Doch letztlich wird die Kur durchaus ernst genommen und der Film würde kaum anders aussehen, wenn Dr. Feld persönlich das Drehbuch geschrieben hätte. So ist der Therapeut auch nicht ein charismatischer Blender, sondern ein sehr ruhiger und netter Onkel Doktor, der so seriös und souverän wirken soll, dass man dem Komiker Steve Carell manchmal die Anstrengung ansehen kann, die er aufbringen muss, um diese Figur nicht komischer erscheinen zu lassen, als Drehbuch und Regisseur es ihm gestatten. Carell ist auch gerade in der Hauptrolle des Films „Auf der Suche nach einem Freund fürs Ende der Welt“ in den Kinos zu sehen, und der Kritiker des Londoner Stadtmagazins Time Out schrieb, er wirke dort so „reserviert und ohne Ausstrahlung, dass wohl kaum jemand die letzten Stunden mit ihm verbringen wolle“. In „Hope Springs“ spielt er ähnlich flach, aber hier ergibt dies auch Sinn, wenn er als alles andere als ein sinnlich wirkender Herr einem älteren Ehepaar Fragen über dessen Sexualpraktiken stellt.

Arnold und Kay bekommen vom Doktor Aufgaben, auf die er schockiert, aber vorsichtig reagiert. Wenn Sex nur erwähnt wird, hat er schon seine Koffer für die Abreise gepackt, während sie nachdenklich vor dem Spiegel eine Banane betrachtet und dann in aller Unschuld in sie hineinbeißt. Und das ist dann auch schon die „gewagteste“ Szene des Films, bei dem man vor allem dazu ermuntert wird, sich über die sexuelle Ahnungslosigkeit dieser beiden Bilderbuchamerikaner zu amüsieren. Das ist ein bisschen wenig, und obwohl man sich nicht über den Film ärgern muss, lässt er einen doch eher unbefriedigt.