american pie
: Es ist passiert

Zehnmal hat Tom Brady die Patriots in einem Alles-oder-nichts-Spiel als Sieger vom Platz geführt. Beim elften Mal ist es misslungen

Der eine hat noch nie in der Super Bowl gespielt, der andere hat sie bereits dreimal gewonnen. Der eine galt als bester Quarterback der NFL, der andere als unschlagbar in den Playoffs. Beide sind sie noch jung und doch schon sichere Kandidaten für eine Aufnahme in die Hall of Fame. Beide sollten kommendes Wochenende im Halbfinale zum großen Showdown gegeneinander auflaufen. Und beide werden kommendes Wochenende vor dem Fernseher sitzen. Denn sowohl Peyton Manning als auch Tom Brady sind mit ihren Teams überraschend im Viertelfinale ausgeschieden.

Irgendwann hatte es ja mal passieren müssen. Zehnmal hatte Brady seine Mannschaft in ein Alles-oder-nichts-Spiel geführt, zehnmal war er als Sieger vom Platz gegangen. Beim elften Mal schließlich war es so weit: Brady, Quarterback der New England Patriots, verlor zum ersten Mal ein Playoff-Spiel. Noch schockierender allerdings war, wie die 13:27-Niederlage bei den Denver Broncos und das damit verbundene Ausscheiden des Titelverteidigers zustande kam: Denn ausgerechnet dem 28-jährigen Spielmacher, den längst der Nimbus der Unbesiegbarkeit umwehte, unterlief der entscheidende Fehler. Als das Spiel Mitte der zweiten Halbzeit zugunsten der Patriots zu kippen schien, warf er den Ball in die Arme eines gegnerischen Verteidigers, der ihn nahezu übers ganze Feld zurücktrug. Statt 13:10 in Führung zu gehen, lagen die Patriots plötzlich 6:17 zurück. „Ein dummer Wurf und auch noch mies ausgeführt“, gab Brady zu, „da war das Spiel gelaufen. Den Rest meines Lebens wird mir dieser Fehler nicht mehr aus dem Kopf gehen.“

Aber auch der Rest der Patriots offenbarte ungewohnte Schwächen: Adam Vinatieri zum Beispiel, der zuverlässigste Kicker der NFL in den letzten Jahren, vergab ein machbares Fieldgoal, andere ließen den Ball fallen. Hinterher waren sich die Experten jedenfalls einig: Denver hatte das Spiel nicht gewonnen, New England hatte es verloren, weil man gleich fünfmal den Ball dem Gegner schenkte. „Wir haben es ihnen viel zu leicht gemacht“, sagte ein enttäuschter Brady anschließend.

Was der Freude in Colorado allerdings keinen Abbruch tat. Als dann am Sonntag auch noch die Indianapolis Colts ausschieden, konnten die Fans der Broncos ihr Glück kaum mehr fassen. Denn statt nächstes Wochenende nach Indianapolis reisen zu müssen, wo man im RCA Dome in den letzten Jahren immer böse Abreibungen kassiert hatte, ist man nun selbst Halbfinal-Gastgeber und damit urplötzlich Super-Bowl-Favorit. Das Spiel gegen die Pittsburgh Steelers am nächsten Sonntag war bereits eine Stunde nach dem Ausscheiden der Colts ausverkauft und bereits am Montag wurden bei eBay Karten für bis zu 1.000 Dollar gehandelt.

In Indianapolis dagegen war der Katzenjammer groß nach dem 18:21 gegen die Steelers. Obwohl mehrere zweifelhafte Schiedsrichterentscheidungen zu ihren Gunsten ausgegangen waren, konnten die hoch favorisierten Colts das Spiel nicht für sich entscheiden. In einer dramatischen Begegnung fiel die Entscheidung erst in letzter Sekunde, als der sonst akkurate Colts-Kicker Mike Vanderjagt ein Fieldgoal vergab, das das Spiel ausgeglichen und eine Verlängerung gebracht hätte. In der Umkleide der Colts herrschte anschließend Totenstille, niemand hatte eine Erklärung dafür, dass die Offensive eine ganze Halbzeit nicht ins Rollen gekommen war.

Vor allem für Peyton Manning ist die Niederlage schmerzhaft. Der 29-Jährige wirkte bisweilen verwirrt und überfordert von den Attacken der Pittsburgher Verteidiger, und er vergab seine bislang beste Chance, sein Image loszuwerden als großartiger Quarterback, der aber – im Gegensatz zu Brady – die entscheidenden Spiele nicht gewinnen kann. „Was soll ich dagegen sagen, das sind ja auch die Fakten“, weiß er selbst, „ich kann nur sagen, ich gebe mir die allergrößte Mühe, und ich werde es weiter versuchen.“

Fragt sich nur, wie lange noch, denn eines weiß auch Manning: „Ich will das nicht bei jeder Pressekonferenz nach einer Playoff-Niederlage sagen müssen, aber es stimmt halt: Irgendwann, früher oder später, wird es kein nächstes Jahr mehr geben.“ Irgendwann wird Peyton Manning mal eine Super Bowl gewinnen müssen, will er nicht als tragische Figur in die Geschichte des Football eingehen.

THOMAS WINKLER