Djokovic gewinnt die Australien Open: Zwei Newcomer begeistern die Fans

Der 20-jährige Serbe Novak Djokovic gewinnt das Finale der Australian Open gegen den zwei Jahre älteren Franzosen Jo-Wilfried Tsonga.

Spieler der Zukunft: Sieger Djokovic (r.) und Tsonga Bild: dpa

Bei einem der unzähligen Siegerbilder stand Novak Djokovic auf dem leuchtend blauen Boden und dem Schriftzug "Melbourne", den Blick zu den Fotografen unter dem Dach der Arena gerichtet. Es war ein Standort mit Symbolkraft. Der junge Serbe gewann am Sonntag mit dem Sieg im Finale der Australian Open gegen Jo-Wilfried Tsonga (4:6, 6:4, 6:3, 7:6) den ersten Grand-Slam-Titel seiner Karriere, und die Blickrichtung ist damit klarer denn je; sie geht steil nach oben. Es wird nicht sein letzter Titel gewesen sein.

Aber es ist schon erstaunlich, wie sich die Relationen innerhalb einer Woche verschoben haben. Normalerweise wäre der Sieg von Djokovic im Halbfinale gegen Roger Federer die große Geschichte zum Ende des Turniers gewesen; schließlich hatte Federer außer gegen Rafael Nadal in Paris bei einem der großen vier Turniere drei Jahre lang gegen keinen anderen verloren. Federer wischte sich beim Abschied aus Melbourne ein paar Tränen aus den Augen; es wird zu den spannenden Fragen gehören, wie er sich von dieser Niederlage erholen wird.

Aber der Mann, der die Herzen der Leute eroberte, war nicht Djokovic, sondern Nadal-Bezwinger Jo-Wilfried Tsonga. Es geht nichts über mutige Herausforderer, und dieses Bild erfüllte der Franzose wie keiner seit Gustavo Kuerten anno 1997 in Paris und wie vor zwei Jahren in Melbourne Marcos Baghdatis. Wer ihn bis dahin noch nicht mochte, der mochte ihn garantiert, als er zum ersten Finale seiner bisher so rudimentären Karriere erschien. Mit ein paar schnellen Schritten tanzte er ins Stadion hinein, lachte und winkte den Leuten zu.

Unbelastet und völlig ohne Furcht stürzte er sich in das Abenteuer Finale, begeistert verfolgt von seinen Eltern. Zu den größten Schätzen in der Fotosammlung der Familie Tsonga gehörten Bilder, die der aus dem Kongo stammende Vater Didier 1974 beim berühmten "Rumble in the Jungle", dem legendären WM-Kampf von Muhammad Ali gegen George Foreman, als Zuschauer in Kinshasa gemacht hatte. Diesmal kam Didier Tsonga nicht zum Fotografieren; das Spiel des Sohnes war viel zu aufregend. Denn Jo-Wilfried ließ die Wände wackeln. Als er den mutig gespielten ersten Satz mit einem Lob über Djokovic hinweg gewann, da stieg ein kollektiver Schrei aus 15.000 Kehlen in den Himmel. Obwohl Tsonga noch viele gute Momente in diesem Finale hatte - das war sein bester. Wie schnell er die Leute in seinen Bann gezogen hatte, das spürte er in jeder Minute des Spiels. Und er spürte es auch nach dem Ende, als er im Beifall fast ertrank. Der Präsident des Australischen Tennisverbandes, Geoff Pollard, hatte völlig Recht, als er sich bei der Siegerehrung bei ihm bedankte und sagte: "Uns hat jede Minute jedes deiner Spiele Spaß gemacht."

Tsonga, vor genau zwei Jahren noch Nummer 338 der Welt und zu Beginn der Australian Open noch auf Platz 38, wird in der neuen Rangliste auf Nummer 18 stehen. Djokovic bleibt die drei; fragt sich allerdings, wie lange noch. Der eine Satz, den er im Finale gegen Tsonga verlor, war der einzige während des ganzen Turniers. Nach der höchst eindrucksvollen Art, in der er gegen Roger Federer gewonnen hatte, kam er auch mit der ungewöhnlichen Situation klar, im zweiten Grand-Slam-Finale seiner Karriere gleich der Favorit zu sein.

Das sei nicht einfach gewesen, sagte er hinterher, deshalb sei er besonders stolz darauf, wie er mit dieser Belastung umgegangen sei. Nach dem verlorenen ersten Satz schlug er im zweiten entschlossen zurück, zeigte Stärke im dritten, als er sich von sechs vergebenen Satzbällen nicht verwirren ließ, und verwandelte den siebten. Und am Ende, als er die ersten Krämpfe im linken Oberschenkel spürte, Tsonga noch mal alles versuchte und er merkte, wie sehr das Publikum einen fünften Satz wollte, da riss er sich zusammen und vollendete das Werk.

Drei Stunden und sechs Minuten waren gespielt, als er das Spiel mit dem ersten Matchball gewann, und auf der Tribüne fielen sich die vier mit den Buchstaben N-O-L-E auf den weißen Jacken, seinem Spitznamen, in die Arme. Es waren Djokovic Eltern und die beiden Brüder, Marko und Djordje. Dass die beiden auf Novaks Spuren sind, versteht sich von selbst. Als der so alt war, wie es Marko jetzt ist, 16, da hockte er nach einer Niederlage im Halbfinale des Juniorenturniers mit Freunden vor der großen Video-Wand auf der Wiese im Melbourne Park und sah Roger Federer siegen. Und dachte: Das will ich auch. Viel Zeit hat er nicht verschwendet auf dem Weg von der Wiese ins blaue Stadion.

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