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: Böse Cowboys

Mit zweifelhaften Charakteren will Football-Klub-Besitzer Jerry Jones seine Dallas Cowboys zum Super Bowl führen

Die Cowboys sind so etwas wie der FC Bayern der nordamerikanischen National Football League (NFL) – nur ohne Erfolg. Die letzte Meisterschaft datiert aus dem Jahr 1995. Dennoch übernehmen die Texaner gerne Jahr für Jahr die Favoritenrolle. Sie stehen sowieso immer im Fokus. Sie sind „America’s Team“.

Morgen tritt „America’s Team“ ein letztes Mal an, um sich einzuspielen. Mit dem Spiel gegen die Minnesota Vikings endet für die Cowboys die „Fake Season“, und es beginnt für die Texaner das Abenteuer, mit einem Team aus „Bad Boys“ den Super Bowl endlich wieder nach Dallas zu holen.

Die Cowboys gehen ein großes Wagnis ein. Genauer gesagt, der Besitzer, Jerry Jones, geht ein großes Wagnis ein. Aber Jones ist ohnehin ein Mann, der kein Risiko scheut. Er hat schon einmal gezeigt, wie man mit scheinbar Unbrauchbarem zu Geld kommt. In den Sechzigerjahren hatte der Jungunternehmer von anderen Firmen verlassene Ölfelder aufgekauft und förderte weiter – der Abfall der anderen machte ihn zum Milliardär.

Nach neuen Ölfeldern suchend, widmet sich Jones heute auch Problemfeldern: Er versammelt in Dallas die Gescheiterten der anderen NFL-Klubs, um aus ihnen ein Erfolgsteam zu formen. Vor dieser Saison kaufte Jones bereits den dritten einst suspendierten Footballspieler: Adam „Pacman“ Jones.

Pacman soll als Kind seine Milch so schnell getrunken haben, dass seine Mutter ihm den Namen des gefräßigen gelben Computerspiel-Helden gab. Doch Jones blieb nicht lange bei Milch: Immer wieder geriet er mit der Polizei in Konflikt. Fast immer war ein Stripclub in der Nähe.

Der Höhepunkt von Jones’ Karriere abseits des Feldes war das in den USA mittlerweile legendäre „Las Vegas Shooting“. Pacman hatte – abermals in einem Striplokal – Dollar-Scheine auf die Bühne regnen lassen. Als eine der Tänzerinnen diese ohne seine Einwilligung aufhob, packte Jones die Frau an den Haaren und schmetterte ihren Kopf auf den Bühnenboden. Sagt zumindest die Stripperin. Jones widerspricht dem. Die anschließende Schießerei, in der Jones’ Entourage eine Hauptrolle spielte, ist besser belegt. Drei Angeschossene zeugen von ihrer Brutalität.

Jones wurde von der NFL und seinem Team, den Tennessee Titans, suspendiert und erst kurz vor dieser Saison wieder für den Spielbetrieb zugelassen – die Cowboys ließen sich nicht lange bitten und griffen zu.

Pacman ist nicht der erste böse Bube, den sich die Cowboys angeln. Er folgt den Pfaden von Terrel Owens und Terry „Tank“ Johnson. Der Wide Receiver Owens kam 2006 von den Philadelphia Eagles, wo er nach massiver Kritik am Management rausgeflogen war. Der Verteidiger Johnson traf ein Jahr später in Dallas ein. Dessen Kerbholz wies damals bereits deutlich mehr Profil auf als das des Kollegen Owens. Zwei Monate saß Johnson im Gefängnis, nachdem die Polizei 2006 in seinem Haus sechs unregistrierte, geladene Waffen und ein Kilogramm Marihuana gefunden hatte. Und das, während der Defensivspieler wegen illegalen Waffenbesitzes eh auf Bewährung war.

Cowboys-Besitzer Jerry Jones weiß, was auf dem Spiel steht: „Es wäre naiv und unrealistisch zu glauben, dass es da draußen keine Leute gäbe, die skeptisch sind und nur darauf warten, den nächsten Schlag zu landen.“ Bleibt zu hoffen, dass es nicht die Spieler selbst sein werden, die ihrem Boss einen Schlag versetzen.

Der Milliardär jedoch sieht in seinen Sozialfällen Owens, Johnson und Jones zuerst „extremes Talent“ und dass es wahrscheinlicher sei, „dass die Cowboys die Spieler aus Ärger raushalten, als dass die Spieler den Cowboys Ärger machen“.

Wenn für die Cowboys die Saison offiziell beginnt, geht es für die Spieler um ihre Reputation und für Jerry Jones darum, wieder mal zu beweisen, dass er aus dem, was die anderen verschmähen, etwas Großes formen kann.

JÜRN KRUSE