Zwei Spiele, zwei Siege

Die Bedingungen vor dem Saisonstart waren für die Volleyballerinnen des Köpenicker SC alles andere als gut. Der Trainer ging, ein neuer kam erst spät, nicht einmal ein Mannschaftsfoto kam zustande. Doch dann änderte sich alles

Klaus Sieckmann strahlte über das ganze Gesicht. „Zum ersten Mal ist der Köpenicker SC Tabellenführer“, sagte der Pressesprecher des Frauen Volleyballbundesligisten nach dem 3:0-Heimerfolg gegen den 1.VC Wiesbaden am Freitagabend.

Bis zum letzten Ballwechsel war ihm die Anspannung anzumerken, jetzt wirkte er wie befreit. Am überraschenden Tabellenbild konnte er sich allerdings nur einen Tag erfreuen, dann zog die Konkurrenz wieder vorbei. „Mit der Meisterschaft haben wir ohnehin nichts zu tun“, sagt er.

Trotzdem ist der Saisonauftakt mit zwei Siegen in zwei Spielen fast schon sensationell. Die Voraussetzungen für die vierte Saison in der höchsten Spielklasse waren nämlich alles andere als optimal. Verletzungen und Erkrankungen ließen kaum Testspiele zu. Nicht einmal ein Mannschaftsfoto kam zustande.

Als Krönung verließ auch noch Trainer Alberto Salomoni den KSC, um in seine Heimat Italien zurückzukehren. Und das zu einem sehr späten Zeitpunkt. „Da waren viele deutsche Spieler schon woanders unter Vertrag“, ärgert sich Klaus Sieckmann. Erst Ende Mai konnte ein neuer Trainer gefunden werden und damit die Saisonplanung begonnen werden. Es musste improvisiert werden.

Nach langen Verhandlungen konnten drei Südamerikanerinnen verpflichtet werden. Die Kolumbianerin Lorena Zuleta konnte schon ein wenig im Team integriert werden, auf die beiden Brasilianerinnen Sabrina Soares und Karina Ferreira musste lange gewartet werden. Sie trafen erst einen Tag vor dem Spiel gegen Wiesbaden in Berlin ein. Da beide kein Englisch sprechen, wird die Integration noch einige Zeit dauern. Gegen Wiesbaden kamen sie nicht zum Einsatz.

Immerhin konnte mit Matthias Münz ein etablierter Trainer gefunden werden. Er ist im vierten Erstligajahr der vierte Trainer in Köpenick. Dem 41-jährigen ging es dabei wie dem KSC. Über sechs Jahre trainierte er den Männerbundesligisten Netzhoppers Königs Wusterhausen. Vier Tage vor Vertragsende wurde ihm mitgeteilt, dass er nicht verlängert wird.

Die Liaison Münz und KSC ist quasi eine Notgemeinschaft. Für beide Seiten gilt es nun, das Beste daraus zu machen. „Mit den Mädchen muss man natürlich etwas anders umgehen, es macht aber trotzdem viel Spaß“, sagt er. Fremd ist ihm der Frauenvolleyball nicht. Bis zur letzten Saison arbeitete er im Nebenjob noch als Co-Trainer für das Nachwuchsteam VC Olympia Berlin.

So wirklich glücklich wirkt er aber trotzdem nicht. Er ist sich der Schwere seiner Aufgabe bewusst. Deshalb geht es für ihn zunächst auch erst einmal darum, den Klassenerhalt zu sichern. „Wir müssen von Spiel zu Spiel schauen – die Salamitaktik halt“, sagt er.

Zu schwer wiegt für ihn noch der Verlust seiner besten Spielerin Saskia Hippe. Die 17-jährige Neunationalspielerin sah beim deutschen Meister Dresdner SC bessere Perspektiven. „Alle Spitzenvereine waren hinter ihr her. Da hatten wir keine Chance mehr, sie zu halten“, sagt Klaus Sieckmann. Eine der beiden Brasilianerinnen soll sie ersetzen.

Mit den elf Spielerinnen im Kader muss Münz jetzt auskommen. Der knappe Etat des KSC lässt keine großen Sprünge zu. Finanziell gesehen gehören sie zum unteren Drittel der Liga. Nach drei Jahren des langsamen Aufstiegs droht nun die sportliche Stagnation und der Verlust weiterer Talente. „Wir müssen dringend unseren Etat erhöhen, um unseren Talenten auch entsprechende Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten“, weiß auch Klaus Sieckmann.

Es muss schon bei kleinen Dingen gespart werden. „Das fängt beim Essengehen an und hört bei der Frage der Größe des Busses bei Auswärtsspielen auf.“ Immerhin konnte endlich die kleine Halle im Allende-Viertel verlassen werden. Man zog nach Adlershof in einen umgebauten Flugzeughangar aus den Zwanzigerjahren.

Aber auch dieser Standort soll nur Zwischenstation sein. Vielleicht schon zur nächsten Saison hofft der KSC in einer neu gebauten Halle im Union-Park sein Domizil beziehen zu können. Dort hätten dann über 1.000 Zuschauer Platz.

Klaus Sieckmann schaut sogar noch weiter und träumt ein wenig: „Irgendwann wollen wir auch mal in die Max-Schmeling-Halle.“ Das ist aber noch Zukunftsmusik und in weiter Ferne. Im Moment genießt er erst einmal den gelungenen Saisonstart. Vor zwei Wochen hätte das ja auch noch niemand gedacht. NICOLAS SOWA