Werder gegen Bayern: Rätsel über Rätsel

Fußball paradox: Werder Bremen spielt mit zehn Mann besser als mit elf. Und der FC Bayern München kann trotz eines Kantersiegs in der Champions League seine Verunsicherung nicht ablegen

Vander, Held in gelb.

War Christian Vander tatsächlich der Mann des Abends, dieser Kerl im gelben Pullover? Gelb ist en vogue unter Torhütern, die Signalfarbe soll auf Schützen anziehend wirken wie ein Magnet auf Metallspäne. Und tatsächlich zog Vander die Bälle unwiderstehlich an. "Wir hatten einen großartigen Torwart", sagte Coach Thomas Schaaf. Doch der Fänger, der sich der Gratulanten nicht erwehren konnte, wollte nichts wissen von alleinigem Ruhm: "Ich bin nicht der Held des Abends. Meine Leistung war okay. Aber die Bayern haben mich warmgeschossen. Ich werden jedenfalls nicht aus dem Stadion fliegen heute Abend."

Geflogen war zu diesem Zeitpunkt längst ein anderer. Und wer sich die Leistung der Bremer Defensive anschaut, der wird womöglich zu dem Schluss kommen, dass es vielleicht nicht Vander allein gewesen war, der diesen "moralischen Sieg" (Vander) ermöglicht hatte. Denn Naldo hatte mit einem fatalen Aussetzer in der 15. Minute seiner Mannschaft womöglich den besten Dienst erwiesen, den er hätte leisten können: Er streckte Bastian Schweinsteiger mit einem lupenreinen Bodycheck zu Boden. Weil er letzter Mann gewesen war, konnte Referee Manuel Gräfe nicht anders, als ihn des Feldes zu verweisen.

Naldo, der brasilianische Innenverteidiger, hatte eine rundheraus bedenkenswerte Vorstellung geliefert. Die Fehlerquote der ersten Viertelstunde würde selbst der Bayern-Defensive für zwei Matchs genügen, dreimal marschierten die Münchner Angreifer allein auf den wackeren Vander zu, ohne einen Vorteil daraus schlagen zu können. Wo immer Naldo hätte sein sollen, klaffte eine größere Lücke. Thomas Schaaf sagte: "Man hat sich das ein wenig anders vorgestellt. Nach 15 Minuten einen Mann zu verlieren, da mussten wir umstellen. Aber das hat gut funktioniert, da muss man die Mannschaft loben."

Die Umstellung aber brachte frappierende Effekte. Und sie verbesserte das Bremer Spiel in einem Maße, wie es Schaaf womöglich selber nicht für möglich gehalten hätte. Sicher, die Bremer waren vor eigenem Publikum gezwungen, sich mehr aufs Kontern zu verlegen. Doch die Chancen der Bayern nahmen mit zunehmender Spieldauer ab, während Werder Akzente setzte. Jürgen Klinsmann schickte deshalb vorsichtshalber ein paar Komplimente an die Adresse des Gegners: "Wie Werder sich präsentiert hat mit einem Mann weniger, das war beeindruckend."

Klinsmann wollte sich aber nicht beklagen. Der hatte ja trotz des Kantersiegs in Lissabon eine ungemütliche Woche gehabt; immer wieder musste er lesen, dass die Mannschaft ihn nicht mehr ernst nehme. Deswegen taten die Bayern alles, um diesem Eindruck entgegenzutreten. Und erreichten mittels detaillierten Dementis das genaue Gegenteil: Klinsmann stand unter noch schärferer Beobachtung.

Dass es dennoch ein gutes Wochenende für ihn wurde, lag freilich nicht an seiner Mannschaft, sondern an der Unfähigkeit der Konkurrenten: Der Hamburger SV hatte sich einen Fehltritt geleistet, womit die Bayern noch immer gut im Geschäft sind. "Aufgrund der Tatsache, dass der HSV verloren hat, hat sich nicht so viel getan. Aber ich wünsche mir, dass der Kampf nicht ganz so spannend wäre", sagte Jürgen Klinsmann.

Noch spannender sind andere Fragen. Die nach den Formschwankungen beider Mannschaften. Die Bayernspieler wirkten wie gewiefte Einzelunternehmer, die sich sehr wohl darüber im Klaren sind, dass sie ihren Wert durch Auftritte in der Champions League bestimmen und nicht gegen den 1. FC Köln. Ganz ähnlich bei Bremen: Mit dem rumpeligen Fußballschaffen gegen Teams wie Cottbus und Bielefeld hatte auch der Auftritt vom Sonntag nichts zu tun, erst recht nicht der im Uefa-Pokal gegen AC Milan (2:2). Doch Thomas Schaaf hat immerhin die Hoffnung nicht aufgegeben: "Für uns ist es wichtig, dass wir etwas verändern. Deshalb war es wichtig, dass wir zwei solche Partien gegen Mailand hingelegt haben." Selbiges gelte natürlich auch für die imponierende Energieleistung gegen den bayrischen Erzrivalen: "Kompliment an die Mannschaft, sie hat die richtige Einstellung an den Tag gelegt."

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