2. Liga: Ein Mann will nach oben

Der FC St. Pauli überwintert nach einem 2:2 gegen Greuther Fürth auf einem Aufstiegsplatz. Trainer Holger Stanislawski gilt als Vater des Hamburger Erfolgs, der nicht zuletzt auch seinen eigenen Abflug beschleunigt.

Kuschlig, die Hinrunde beim FC St. Pauli. Hier umarmt Deniz Naki beim Sieg in Oberhausen Trainer Holger Stanislawski (l.). Bild: dpa

Die Zornesröte stand ihm im Gesicht. "Wenn jeder so spielt, wie er denkt, dass es richtig ist, steigen wir noch ab", fauchte Holger Stanislawski unmittelbar nach Spielschluss in die hingehaltenen Mikrophone. Was den Trainer des FC St. Pauli derart aufbrachte, war die taktische Disziplinlosigkeit seiner Spieler. Die hatten just zuvor eine sicher geglaubte 2 : 0-Führung gegen Greuther Fürth noch hergeschenkt - in letzter Minute.

80 Minuten lang hatte den Hamburgern am Sonntag eine durchwachsene Leistung genügt gegen die harmlosen Fürther. Der ansonsten schwache Takyi hatte einen Pass von Kruse aus neun Metern ins Tor gebracht (41.), der eingewechselte Hennings nach Zuspiel von Lehmann aus 20 Metern auf 2 : 0 erhöht (66.). Bis kurz vor Ende hatten die Fürther gerade mal einen Pfostenschuss von Schahin (45.) auf dem Konto, ehe dann Allagui den ersten vernünftigen Angriff zum 1 : 2 aus Fürther Sicht abschloss (83.).

Was dann geschah, lenkte den Frust der Hamburger Fans auf Schiedsrichter Lutz Wagner, der später, nach dem Abpfiff, mit zahlreichen Bierbechern beworfen wurde: Völlig zu Recht gab der Spielleiter in der letzten Spielminute Nakis Tor zum 3 : 1 wegen einer Abseitsstellung nicht. Der anschließende Gegenangriff brachte dann den unerwarteten 2 : 2-Ausgleich durch einen echten Sonntagsschuss des eingewechselten Gkhasemi-Nobakht.

Obwohl St. Pauli nach dem Remis auf einem Aufstiegsplatz überwintern wird, sieht Trainer Stanislawski die Früchte seiner Arbeit durch das "grob fahrlässige Verhalten" seiner Mannschaft gefährdet. Im gerade begonnenen vierten Jahr seiner Trainertätigkeit am Millerntor will der ehrgeizige Hamburger alles: Aufstieg in die erste Bundesliga rechtzeitig zum 100-jährigen Vereinsjubiläum im kommenden Mai, so lautet die Zielsetzung. Für Stanislawski ist klar: Ein Bein stellen kann sich auf diesem Weg nur die Mannschaft selbst - mit unnötigen Punktverlusten wie nun gegen Fürth.

Kontinuierlich hat der Mann, den sie in Hamburg nur "Stani" nennen, seit Jahren daran gearbeitet, eine Mannschaft zusammenzustellen, die nicht nur Fußball kämpft, sondern auch in die Offensive geht, gar Balltechnik vom Feinsten zelebriert. Während der ehemalige Bundesligaprofi in der Defensive auf Konstanz und seit Jahren auf das selbe eingespielte Personal setzt, wurde die Offensivabteilung Jahr für Jahr den gehobenen Ansprüchen angepasst. Mit dem Aachener Spielgestalter Matthias Lehmann, den spielstarken Talenten Max Kruse und Deniz Naki sowie dem aus Fürth zurückgeholten Techniker Charles Takyi stellte Stanislawski vor der Saison eine Kreativabteilung zusammen, die in der zweiten Liga ihresgleichen sucht.

Der Lohn: Mit 40 Toren haben die Hamburger öfter in die gegnerischen Maschen getroffen als jedes andere Profiteam. Mannschaften wie Aachen (5 : 0), Karlsruhe (4 : 0) oder Koblenz (5 : 1) wurden sogar auf deren eigenem Rasen regelrecht auseinandergenommen.

Nicht für immer Millerntor

Doch dieser Höhenflug trägt den Keim des Abschieds mit sich. Seine Erfolgsbilanz hat Stanislawski zum Nachfolge-Dauerkandidaten gemacht - wann immer ein Bundesliga-Trainer in die Wüste geschickt wird, liegt sein Name in der Luft. Auch der 40-Jährige selbst - seit 1993 erst als Spieler, dann als Sportchef und schließlich als Trainer auf der Lohnliste des FC St. Pauli - betont bei jeder Gelegenheit, nicht ewig am Millerntor bleiben zu wollen. Als sicher gilt: Steigt St. Pauli am Ende dieser Saison nicht auf, sind Stanis Tage hier gezählt.

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