NICHTS GEGEN LÄCHELNDE KINDER IN GAZA!
: Nahost-Ente Zidane

Über Ball und die Welt

MARTIN KRAUSS

Nichts gegen Zinédine Zidane! Schon deswegen nicht, weil der frühere Fußballer böse werden könnte. Und dann, so glaubt man seit dem WM-Finale 2006 zu wissen, nickt der Franzose mit seinem unbehaarten Kopf. Anfang Dezember meldete die israelische Boulevardzeitung Yedioth Acharonot, Zidane wolle im März als Unicef-Botschafter den Gazastreifen besuchen. „Die Menschen dort haben schwere Verluste, Schäden und Verletzungen durch die israelischen Gewaltakte erlitten“, wurde Zidane zitiert. Er aber wolle dafür sorgen, dass die Bewohner wieder Grund zu einem „großen Lächeln“ hätten.

Nichts gegen lächelnde Menschen in Gaza! Schon deswegen nicht, weil dort ein nicht gerade kleiner Teil der männlichen Bevölkerung bewaffnet ist. Doch die Meldung vom helfenden Zidane ist falsch: Die UNO dementiert, Zidane dementiert, herausgefunden hat es eine andere israelische Zeitung, die Jerusalem Post. Wer die Ente in die Welt gesetzt hat, ist nicht bekannt. Yedioth Acharonot hat sie mittlerweile aus ihrem Onlineportal entfernt. „Es sieht so aus, als sei es ein Internetgerücht“, heißt es bei der UNO. Die Jerusalem Post hat Hinweise, dass es aus einem „Palestinian Information Center“ stammt. Doch dieser Hamas-freundliche Dienst berichtet zwar fleißig über „Judeo-Nazis“, über „Apartheid-Israel“ und „zionistischen Terror“, die Zidane-Meldung findet sich jedoch nicht. Es bleibt also offen.

Die Frage, warum das Gerücht Verbreitung fand, lässt sich schon eher beantworten: Die israelische Armee hat ja tatsächlich schweren Schaden im Gazastreifen angerichtet – warum sollte sich ein Weltstar da nicht engagieren? Nun ist Zidane zwar nicht Unicef-Botschafter, sondern für UNDP im Einsatz, das United Nations Development Program – aber warum sollte man das nicht mal verwechseln dürfen? Und: Die Information war ja zunächst von einer Sprecherin des Kinderhilfswerks bestätigt worden – die Frau benötigte dann allerdings eine Weile, um eine kaum bemerkte Korrektur an die Agenturen zu mailen. Schließlich: Zidane ist, wie das Gros der Gazabewohner, Muslim – warum sollten ihm die palästinensischen Kinder nicht mehr am Herzen liegen als die Kinder von Sderot, der israelischen Stadt, die immer noch von Hamas-Raketen beschossen wird?

Kurz: Die Meldung war für die Redaktionen glaubwürdig im Sinne von: wird schon stimmen. Und welchen Schaden richtet sie schon an? Dass UNO-Hilfsprojekte als „Wir verschicken irgendeinen Weltstar irgendwohin“ präsentiert werden? Nebbich. Dass, ohne ihn je gefragt zu haben, der Eindruck entsteht, Zidane verurteile Israel, aber schweige zum Terror der Hamas? Who cares! Oder dass sich Kinder in diesem kriegsgebeutelten Landstrich umsonst darauf gefreut haben, mal mit einem Weltstar pölen zu dürfen? Ach Gottchen! Kinder!

Das alles ist doch kein Schaden, für den sich eine nennenswerte Zahl von Journalisten schämen würde. Die Meldung, die vorgeblich den Fußballstar als guten Menschen erscheinen lassen wollte, beschädigt aber auch Zinédine Zidane selbst. Dem Franzosen mit algerischen Wurzeln wird nämlich das Recht auf eine eigene Meinung abgesprochen. Ihm wird einfach ein, sagen wir’s höflich: israelkritisches Zitat untergeschoben, von dem man vermutet, dass er es schon gesagt haben wird. Vielleicht, weil er Moslem ist. Vielleicht auch, weil er, wie es dann gerne heißt: nur Fußballer ist.

Daher ist diese Meldung, die doch das humanitäre Potenzial des Fußballs zeigen sollte, perfide. Mit Fußball hat das alles nichts zu tun.