DAILY DOPE (505)
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SCHULDSPRUCH Walter Mayer, Österreichs einst gefeierter Trainer der Nordischen, wird wegen Dopinghandels verknackt

Mit Schuldsprüchen endete Mittwochabend am Wiener Landesgericht der Dopingprozess gegen den ehemaligen Langlauftrainer Walter Mayer und drei Mitangeklagte. Mayer wurde zu 15 Monaten verurteilt, 12 davon auf Bewährung. Da er in Berufung geht und Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet hat, ist das Urteil nicht rechtskräftig. Glimpflicher kamen ein Villacher Dachdecker, ein Apotheker und eine Krankenschwester davon. Die bekannten sich teilweise schuldig, die verbotenen Mittel beschafft oder verabreicht zu haben. Ihre mehrmonatigen Haftstrafen wurden zur Bewährung ausgesetzt.

Für Richterin Katharina Lewy ging es letzten Endes um die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugen und der Mitangeklagten. Letzte Woche hatte der Dachdecker Karl-Heinz R. den „Vater des österreichischen Langlaufwunders“ und sich selbst schwer belastet. Er zählte übergebene Mengen, Daten und Treffpunkte akribisch auf. Seine ehemalige Lebensgefährtin erinnerte sich an Besuche von Walter Mayer und Gespräche über das verbotene Blutdopingpräparat Epo. Mayer beharrte darauf, er habe von R. außer zwei Katzen lediglich Potenzpillen und ein Schlankheitsmittel bekommen – und eine schlechte Dachreparatur.

Auch der Apotheker und die Krankenschwester Martina M. bekannten sich zu ihrer Rolle in dem, was Staatsanwältin Nina Weinberger als Dopingnetzwerk bezeichnete. Am letzten Prozesstag kam noch ein ehemaliger Skiwachsexperte zu Wort, der sich an ein Ereignis bei den Olympischen Winterspielen 2002 in Salt Lake City erinnerte. Er habe Walter Mayer dabei ertappt, „wie er dem Langläufer Christian Hoffmann vor einem Bewerb eine Infusion verpasst hat“. Das war zwar für den Verhandlungsgegenstand nicht relevant, da das Antidopinggesetz erst 2008 verabschiedet wurde, doch bestätigte diese Aussage für die Richterin das Gesamtbild, das sie sich vom Angeklagten gemacht hatte. Vier Jahre später, bei Olympia in Turin, hatten ja italienische Polizisten im Zuge einer Razzia bei Österreichs Nordischen Blutbeutel und Geräte für Blutdoping beschlagnahmt. Mayer wurde dann im März 2009 unter dem Verdacht festgenommen, Epo bezogen und weitergegeben zu haben. Zwei Monate später beendete seine Lebensgefährtin, Langstreckenläuferin Eva-Maria Gradwohl, nach einer verweigerten Dopingkontrolle ihre Karriere.

Entlastet wurde der 54-jährige Mayer vom Exbiathleten Ludwig Gredler sowie den Langläufern Alois Stadlober und Jürgen Pinter. Sie erklärten, nie verbotene Mittel erhalten zu haben. Auf die Frage, ob er mit einem Geständnis nicht billiger davongekommen wäre, antwortet Mayer nach dem Urteil: „Würden Sie etwas zugeben, was Sie nicht gemacht haben?“ Sollte das Urteil in zweiter Instanz bestätigt werden, muss Mayer maximal sieben Wochen ins Gefängnis. Fünf Wochen hat er schon in der U-Haft abgesessen. RALF LEONHARD