Schalker Talent Draxler: "Ich gehe ohne Angst ins Spiel"

Julian Draxler ist Fußballprofi und Schüler. Vor dem Revierderby gegen Dortmund spricht er über das Leben in zwei Welten und über Feinde in Schwarz-Gelb.

Rohdiamant aus Gelsenkirchen: Julian Draxler im Kopfballduell mit Mike Hanke. Bild: dpa

taz: Herr Draxler, gut zehn Monate ist es jetzt her, dass Sie nach Ihrem Pokaltreffer gegen Nürnberg sehr schnell sehr berühmt wurden. Was hat dieser Tag für Sie bewirkt?

Julian Draxler: Dieses Tor gegen Nürnberg war natürlich richtungsweisend für mich und meinen Weg in den Profifußball. Es gehört da auch ein bisschen Glück dazu, dass man den Ball so trifft - und das in einem DFB-Pokalviertelfinale kurz vor Schluss.

Was hat sich für Sie seitdem verändert?

Ich musste mich erst daran gewöhnen, in der Öffentlichkeit zu stehen. Dass das bis hin zur Frage geht, wie oft ich in der Schule fehlen darf, hätte ich nicht gedacht.

Sie sind Spieler bei einem großen Unternehmen und morgens gehen Sie zur Schule und müssen Klausuren schreiben.

Das sind schon zwei völlig unterschiedliche Welten. Aber es tut mir auch gut, in der Schule unter Gleichaltrigen zu sein. Nichtsdestotrotz bin ich glücklich, dass ich in so einer Welt wie hier auf Schalke leben darf, dass ich mir das erarbeitet habe.

Der 18-Jährige Schüler spielt seit 2001 bei Schalke 04. Bei seinem ersten Bundesliga-Spiel war er 17 Jahre und 117 Tage alt und ist als jüngster Kicker, der je für Schalke in der Ersten Liga gespielt hat, in die Klubhistorie eingegangen. Der U21-Nationalspieler schoss Schalke mit seinen Toren zum DFB-Pokal-Sieg 2011. Im Finale gegen Duisburg erzielte Draxler das erste von fünf Schalker Toren. Er ist der jüngste Spieler, der je in einem Pokalendspiel getroffen hat.

Ist der Bundesliga-Fußball noch Spaß oder nur noch beruflicher Ernst?

Wir spielen alle Fußball, weils uns Spaß macht. Aber gerade, wenn man bei einem großen Verein wie Schalke spielt, hat man eine gewisse Verantwortung der Region und den Fans gegenüber. Den Druck spürt man schon.

Macht einem die Fußballmaschinerie manchmal auch Angst oder hemmt sie?

Das hängt vom Typ ab. Sicher gibt es es auch Spieler, die, wenn es nicht läuft, mit weniger Freude zum Training gehen. Generell ist das persönliche Umfeld meines Erachtens wichtiger. Da ist es mir wichtig, dass ich Freunde und Familie habe, die mich als Mensch mit Schwächen und Fehlern sehen - und nicht als Fußballprofi. Ich selbst kann mir nicht vorstellen, mit Angst zum Spiel zu gehen.

Wie wahren Sie die Distanz zu dem Geschäft - etwa nach schlechten Leistungen?

Ich versuche mich nicht allzu lange damit zu beschäftigen und mich möglichst schnell auf neue Ziele, auf das nächste Spiel zu fokussieren.

Sie trainieren in ihrem ersten Profijahr bereits unter dem vierten Trainer.

Als Felix Magath nicht mehr da war, hat mich das erst mal verunsichert - er hatte mich ja zu den Profis geholt. Ich habe mich dann aber bei allen weiteren Trainern auch durchsetzen können. Jetzt haben wir mit Huub Stevens einen Supertrainer - ich bin mir sicher, dass der länger bleiben wird.

Ein ganz anderer Trainertyp als zuvor Ralf Rangnick.

Bisher hatten alle Trainer, unter denen ich trainiert habe, eine andere Spielphilosophie. Die jüngsten Erfolge zeigen aber, dass derzeit vieles richtig läuft.

Als Schalker Jung werden Sie mir wahrscheinlich nicht verraten, zu welchem Verein Sie irgendwann mal möchten.

Ich fühle mich hier wirklich wohl! Mein Traum ist es aber, vielleicht irgendwann einmal in Spanien zu spielen.

Sind Sie ein Nutznießer des Wandels im deutschen Fußball?

Die Jugendarbeit in den letzten zehn Jahren muss ja gut gewesen sein - wenn etwa Mario Götze, aber auch Lewis Holtby und André Schürrle schon in der Nationalmannschaft eingesetzt wurden. Da will ich natürlich auch hin, klar.

Sie sind seit der F-Jugend bei Schalke. Wie haben Sie diesen Wandel wahrgenommen?

Ich habe sehr früh schon eine professionelle Ausbildung erhalten, das war sicher das Wichtigste - für den Spielwitz aber, den ich an den Tag lege, war das Kicken auf der Straße mit Freunden auch hilfreich.

Derzeit wird viel über Mario Götze und Marco Reus gesprochen. Derweil können Sie sich in aller Ruhe weiterentwickeln.

Ich bin ja auch noch nicht zwei Jahre dabei wie Mario. Da ich noch in der Entwicklung bin, ist es ganz gut, nicht immer im Rampenlicht zu stehen.

Haben Sie Kontakt zu Götze?

Nein. Mario hat in der Jugend immer eine Altersklasse höher als ich gespielt.

Und er war beim Feind.

(lacht) Er ist immer noch beim BVB.

Spüren Sie die BVB-Schalke-Fehde im Privaten oder in der Schule?

Weniger. Ich bin ja in Gelsenkirchen-Buer auf dem Gymnasium, da sind nicht so viele Dortmunder.

Und sonst im Alltag?

Nein, da habe ich noch keine schlechten Erfahrungen gemacht.

Führen Ihre Freunde ein komplett anderes Leben als Sie?

Ich konnte nie so viel rausgehen und Party machen wie die. In den letzten Jahren bin ich am Wochenende vor den Spielen nie rausgegangen. Jetzt weiß ich aber auch, wofür ich darauf verzichtet habe.

Derzeit spielen Sie meistens im linken Mittelfeld - das ist nicht Ihre Wunschposition, oder?

Hinter den Spitzen spiele ich am liebsten, auf der Position, die derzeit Raúl bei uns besetzt.

Raúl ist alt, Sie sind jung - nur eine Frage der Zeit, oder?

Wenn er mal irgendwann nicht mehr bei uns spielt, würde ich gerne zentraler spielen - klar. Aber jetzt genieße ichs erst mal, mit so einem Spieler zusammenspielen zu dürfen.

Welches sind die Ziele mit Schalke in dieser Saison?

So, wie wir jetzt dastehen, sollten die internationalen Plätze unser Ziel sein. Huub Stevens hat gesagt, hinter den Bayern sei alles möglich - das sehe ich genauso.

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