Kommentar Gaza: Die Falle der Hamas

Wenn in Gaza palästinensische Kinder massakriert werden, so die Rechnung der Islamisten, werde auch Palästinenserpräsident Abbas nicht länger über Frieden verhandeln können.

In Israel schlägt die Stimmung um. Das ist verständlich - 50 Raketenangriffe an nur einem Tag sind schwer auszuhalten, vor allem, wenn es dabei immer öfter zu Verletzten und sogar Toten kommt. Die Reaktionen in Sderot, in Aschkelon und Jerusalem kommen aus dem Bauch. Nur irgendwie zurückschlagen und der Bedrohung ein Ende machen, so der Wunsch der erbosten und verängstigten Israelis. Sogar eine Neubesetzung des Gazastreifens wird nicht mehr ausgeschlossen.

Doch genau das ist das Ziel der Hamas, die mit den Raketenangriffen Israel zum Angriff provozieren will. Wenn in Gaza palästinensische Kinder und Frauen massakriert werden, so die Rechnung der Islamisten, werde auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im Westjordanland nicht länger über Frieden mit Israel verhandeln können und sich stattdessen wieder den bedrängten Brüdern zuwenden. Doch auch ein gemeinsames Feindbild - die israelische Armee - wird die zerstrittenen palästinensischen Lager diesmal nicht versöhnen. Die nationale Einheit war schon lange vor dem blutigen innerpalästinensischen Zwist gescheitert. Angesichts der langen Listen von Toten und Gequälten brauchte es für eine friedliche Einigung zwischen Hamas und Fatah fast ein Wunder.

An anderer Stelle könnte die Rechnung der Hamas aufgehen: Eine Großoffensive könnte die erst vor wenigen Monaten wieder aufgenommenen Friedensverhandlungen mit Israel untergraben. Der innenpolitische Handlungsspielraum von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ist ähnlich wie der seines Verhandlungspartners Ehud Olmert nicht unbegrenzt. Umgekehrt würde ein Waffenstillstand, wie ihn die Hamas in den vergangenen Wochen wiederholt anbot, die Chancen auf ein Gelingen des Friedensprozesses deutlich erhöhen. Israel argumentiert gegen eine Feuerpause, die die Hamas nur zur Aufrüstung nutzen würde. Hier sind Ägypten und die internationale Gemeinschaft gefragt. Ganze 35 Kilometer Grenze zwischen Ägypten und Gazastreifen müssten bewacht werden, um dem Schmuggel von Waffen ein Ende zu machen.

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1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

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