Kommentar Euro-Zone: Osteuropa in der Währungsfalle

Es wird teuer, den Euro in den osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten einzuführen. Aber auch sie auf Dauer auszuschließen, wird den Euro schwächen.

Auch eine Nicht-Nachricht kann eine Nachricht sein. Also: Die Finanzminister der Euroländer wollen nicht, dass der Euro demnächst in den osteuropäischen EU-Ländern eingeführt wird. Daraus lässt sich nur schließen, dass das Thema deutlich an Dringlichkeit gewonnen hat. Sonst hätten sich die Minister nicht damit beschäftigen müssen. Und wie schnell ein offizielles Nein in ein Ja kippen kann, hat sich in der Finanzkrise schon oft gezeigt.

Die Lage in Osteuropa ist bizarr: Viele Regierungen waren zurückhaltend mit ihren Ausgaben, die öffentlichen Defizite blieben eher gering. Privatleute und Firmen verschuldeten sich dagegen umso hemmungsloser im Ausland - in Euro oder in Schweizer Franken -, weil die Zinsen niedriger waren als daheim. Das wird zum Bumerang, seitdem die Ostwährungen stark an Wert verloren haben. Viele Schuldner können ihre Kredite nicht mehr bedienen. Dieser Währungsfalle würden die Osteuropäer entkommen, wenn sie in absehbarer Zeit und zu einem festgelegten Umtauschkurs den Euro einführen könnten.

Dagegen steht bisher die Sorge der Euro-Finanzminister, dass ihre Währung destabilisiert werden könnte, wenn auch noch die hoch verschuldeten Osteuropäer aufgenommen werden. Diese Sorge könnte sich jedoch alsbald erledigen - weil es den Euro auch schwächen dürfte, die Osteuropäer draußen warten zu lassen.

Denn die Ostschulden lagern vor allem bei österreichischen Banken. Rund 200 Milliarden Euro haben diese nach Osteuropa verliehen; das sind etwa 70 Prozent des österreichischen Bruttoinlandsprodukts. Erneut lässt sich ein typisches Phänomen dieser Finanzkrise besichtigen: Alle Beteiligten dachten, sie würden ihre Risiken schlau streuen - nur um hinterher festzustellen, dass sie sich bei einigen Banken gefährlich ballen.

Osteuropa ist längst ein "systemisches" Risiko wie so manche Pleitebank. Die Frage ist eigentlich nur noch, was billiger kommt: ein Eurobeitritt oder die riesigen Kreditprogramme der europäischen Entwicklungsbanken, die sonst fällig würden.

ULRIKE HERRMANN

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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