Kommentar Obama: Das Spiel der Gesten

Die Videobotschaft von US-Präsident Obama an den Iran hat für sich genommen keine Substanz. Dennoch: Sie ist eine wichtige politische Geste und markiert einen Neubeginn.

Sicher, US-Präsident Barack Obamas Angebot zu einem Neuanfang in den Beziehungen zwischen Iran und Vereinigten Staaten ist noch nichts Substanzielles. Eine Videobotschaft zum Frühlingsfest ist keine konkrete Ankündigung, die Sanktionen gegen den Iran aufzuheben oder die Urananreicherung für friedliche Zwecke zuzulassen. Und doch: So weit wie Obama ist kein US-Präsident in den letzten 30 Jahren der iranischen Führung entgegengekommen.

Von George W. Bushs Einordnung Irans in die "Achse des Bösen" und dem gar nicht so unterschwelligen Wunsch, einen Regimewechsel in Teheran zu bewirken, sind es Lichtjahre bis zu Obamas Bestreben, "die Islamische Republik Iran möge den ihr rechtmäßig zustehenden Platz in der internationalen Gemeinschaft einnehmen". Die Konservativen in den USA werden jetzt versuchen, Obamas Botschaft als unverantwortliches Zeichen der Schwäche auszulegen, als Kotau des naiven Träumers Obama vor dem Autokraten Ahmedinedschad. Das freilich ist grober Unfug: In der Sache hat der US-Präsident keine der westlichen Forderungen an die iranische Seite aufgegeben. Im Gegenteil. Mit seiner freundlichen Grußadresse hat Obama den Ball ins iranische Lager gespielt. Jetzt liegt es an der Führung in Teheran, sich zu bewegen, und sei es genauso floskelhaft wie in Obamas Vorstoß. Nach 30 Jahren kaltem Krieg braucht selbst eine schlichte Gesprächsebene ihre Vorbereitung. Die ersten Reaktionen aus Iran, wenngleich dank der Neujahrsfeierlichkeiten noch nicht offiziell und ausgereift, stimmen positiv.

Gesten sind wichtige Mittel der Politik, aber kein Politikersatz. Wenn Obama es mit dem Wunsch ernst meint, ohne Aufgabe der grundsätzlichen Ziele von Konfrontation auf Diplomatie umzuschalten, dann muss er dranbleiben. Das bedeutet auch, womöglich törichte und trampelnde Rhetorik aus Teheran zu ertragen und die Hand ausgestreckt zu halten - so läuft das Spiel. Erst daran, ob die neue US-Regierung diese Größe hat, wird sich messen lassen, ob die Geste der Videobotschaft für einen echten Politikwechsel steht.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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