Kommentar Grüne Koalitionsaussagen: Machtkampf der Grünen

Künast und Trittin sind beschädigt. Zu oft haben sie das Wort "Ampel" benutzt - zum Beispiel gegen den Willen der Grünen in NRW, die bei den Landtagswahlen auf Rot-Rot-Grün setzen.

Die Grünen kochen schlimm im eigenen Saft. Während alle anderen Parteien ihre Fahnen auf die Wahlkampfbarrikaden stecken, versinken sie im innerparteilichen Machtkampf.

Die Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl Renate Künast und Jürgen Trittin wollen mit der breit proklamierten Ansage in den Wahlkampf ziehen, dass die Grünen für eine Ampelkoalition mit SPD und FDP zur Verfügung stehen. Die Landesverbände, allen voran Nordrhein-Westfalen, hingegen wollen keine Festlegung. Sie verlangen, mit "Grün pur" einen rein programmbezogenen Wahlkampf zu führen.

Doch wird in diesem Streit, so offen er zutage liegt, gleichwohl mit verdeckten Karten gespielt. Denn die Grünen in NRW sind nicht, wie sie behaupten, dem Idealismus verpflichtet, sondern ihren eigenen Interessen. Im Frühjahr 2010 wird in Nordrhein-Westfalen gewählt. Die Grünen dort rechnen darauf, dass sie Schwarz-Gelb mit Rot-Rot-Grün ablösen könnten: Ein neues politisches Projekt, und der größte Landesverband im größten Bundesland wäre Avantgarde. Wenn die Bundesgrünen allerdings wenige Wochen vorher einen Koalitionsvertrag mit der FDP schließen, wird diese Entscheidung in NRW Glaubwürdigkeit und damit Stimmen kosten.

Die Bundesgrünen behaupten nun, es handele sich bloß um ein Kommunikationsproblem. Und verniedlichen damit den Konflikt. Immerhin geht es um einen veritablen Machtkampf: Entweder ordnen sich die Landesverbände dem Ampelziel der Bundesgrünen unter. Oder die Bundesgrünen ordnen sich dem Ziel unter, die Chancen von Rot-Rot-Grün in NRW zu maximieren - und damit auch die Chancen für Rot-Rot-Grün im Bund bei der übernächsten Bundestagswahl zu erhöhen.

Beschädigt sind die beiden Spitzenkandidaten schon jetzt. Zurück können sie nicht mehr - das Wort "Ampel" ist hundertmal zu oft gefallen. Doch vielleicht reicht das ja auch schon. Das ist ihre Chance: dass jeder jetzt weiß, was Künast und Trittin wollen, und ab sofort wird wieder so geredet, als gebe es nur "Grün pur". ULRIKE WINKELMANN

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Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.

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