NADINE MICHEL ÜBER DIE KLIMAVERHANDLUNGEN IN ITALIEN
: Jetzt fängt die Arbeit erst an

Ein kleiner Schritt fürs Klima, ein großer für die politische Verhandlungsdiplomatie

Hurra! Bei den Klimaverhandlungen in Italien scheinen sich die Industrie- und Schwellenländer darauf zu einigen, dass die Erderwärmung auf 2 Grad Celsius begrenzt werden muss. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) spricht von einem Durchbruch. Vielleicht sollte man besser sagen: Ein kleiner Schritt fürs Klima, ein großer für die politische Verhandlungsdiplomatie.

Die Anerkennung des 2-Grad-Ziels ist ein wichtiger Schritt. Man muss sich erst auf die grundsätzlichen Ziele verständigen, ehe man sich einigt, wie man sie erreichen will. Und auch dass Schwellenländer wie China und Indien laut Gabriel zu eigenen Emissionsreduktionen bereit sind, zeigt, dass es bei den Verhandlungen in Vorbereitung auf den Klimagipfel im Dezember vorangeht.

Doch für einen ernsthaften Klimaschutz fängt die eigentliche Arbeit jetzt erst an. Um die Erderwärmung auf 2 Grad zu begrenzen, sind radikale Maßnahmen notwendig, und zwar sofort. Darauf scheinen sich die Staaten aber auch dieses Mal nicht einigen zu können.

Erst wenn das gelänge, wäre ein wirklicher Durchbruch für das Klima geschafft. Mit den bisherigen Reduktionszielen lässt sich das 2-Grad-Ziel nicht erreichen. Die in den Verhandlungen um ein neues Klimaschutzabkommen bislang genannten Treibhausgasreduktionen liegen für alle Industriestaaten zusammen in einer Größenordnung von 8 bis 14 Prozent bis 2020 gegenüber dem Basisjahr 1990.

Laut Bericht des Weltklimarats IPCC wäre für das 2-Grad-Ziel eine Reduktion der Treibhausgase um 25 bis 40 Prozent bis 2020 notwendig, bis 2050 eine Minderung um 80 bis 95 Prozent. Und selbst dann, so warnen die Klimawissenschaftler, liegt die Wahrscheinlichkeit, das 2-Grad-Ziel zu erreichen, bei gerade mal 50 Prozent. Am Ende wird also nur zählen, was tatsächlich fürs Klima unternommen wurde, und nicht, was politisch vereinbart wurde.