Kommentar Steuersenkungspläne: Felsblock Schäuble

Angesichts der Staatsverschuldung ist es verantwortungslos, ohne Not Einnahmequellen zu kappen, während neue nicht mal angedacht werden.

Finanzminister Wolfgang Schäuble ist im wirren Koalitionsstreit über Steuersenkungen im Moment die einzige Konstante. Stur hält er an dem Plan fest, die kalte Progression zu bekämpfen. Den Effekt also, bei dem Arbeitnehmer durch Gehaltserhöhungen in höhere Steuertarife rutschen, obwohl ihre Lohnaufschläge von der Inflation aufgefressen werden.

Um Schäuble, den Felsblock im Steuerwirrwarr, tanzen die übrigen Beteiligten kurz vor dem Koalitionsgipfel am Sonntag aufgeregt herum: FDP-Chef Rösler hat dieses Modell vor kurzem noch mit dem Finanzminister zusammen vorgestellt, findet aber inzwischen die Senkung des Solizuschlags auch okay, weil das die SPD nicht im Bundesrat blockieren kann. CSU-Chef Seehofer hockt beleidigt in München, will aber auch den Solizuschlag senken. Und die Bundeskanzlerin sagt mal wieder - nichts.

Dabei ist das kleinere Ärgernis, dass Schwarz-Gelb wie so oft Verabredungen aus Parteitaktik heraus revidiert. Wichtiger ist, dass es angesichts der Staatsverschuldung verantwortungslos ist, ohne Not Einnahmequellen zu kappen, ohne neue auch nur anzudenken.

Wo, bitteschön, bleibt der Vorschlag, die Entlastung von Geringverdienern mit der stärkeren Belastung der Besserverdiener zu kombinieren? Die Anhebung des Spitzensteuersatzes und die Vermögensteuer wären doch noch schöne Projekte für die neue Sozialkanzlerin.

Ebenso verantwortungslos ist die große Lüge, mit der alle Beteiligten operieren: Bei beiden Varianten streichen Besserverdiener unterm Strich am meisten ein, die Unterschicht zahlt weder Steuern noch Solizuschlag. Wer sich dem Kampf für den Mindestlohn verschreibt, darf solche Wahrheiten nicht verschweigen.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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