DIE STIMMEN DER ANDEREN
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Libération (Frankreich)

Sarkozy wird immer unverständlicher

Die Kampagne war bislang brutal und nicht sehr geistreich. Inhaltlich wird die politische Linie von Woche zu Woche aus unerklärlichen Gründen immer unverständlicher. Sarkozy ist hin und her gerissen zwischen der Mitte und dem politischen Rand, und nun versucht er es mit den Themen seines Gegners. … Zum Beispiel mit der Dringlichkeit, nicht nur zu sparen, sondern die Wirtschaft durch Wachstum anzukurbeln und diese Verpflichtung in den Plänen der EU zu verankern. Diese Maßnahme, die zunächst als pathetisches Beispiel der gefährlichen internationalen Unerfahrenheit des Sozialisten [Hollande] verspottet wurde, findet nun in Nicolas Sarkozy ihren heißesten Verfechter. Weniger als eine Woche vor dem ersten Wahlgang weiß die Rechte noch immer nicht, was sie den Franzosen eigentlich sagen will.

De Tijd (Belgien)

Sarkozy vergrault Merkel

Im Fall einer möglichen zweiten Amtszeit von Sarkozy wird die vertraute Achse Berlin/Paris brechen. […] Sarkozy hat natürlich mit schwachem Wachstum und hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Das gerühmte deutsche Modell funktioniert in Frankreich nicht. Aber die Behauptung des französischen Präsidenten, die EZB habe nichts zur Bekämpfung der Eurokrise beigetragen, ist zu simpel. … Auch [der sozialistische Präsidentschaftskandidat] Hollande will die „Art und Weise von Interventionen durch die EZB“ anpacken. Als er vor zwei Wochen seine Vorschläge vorlegte, wurden sie von Sarkozy vom Tisch gefegt. Jetzt scheinen beide Herren auf derselben Linie zu sein. Für die Eurozone heißt das, dass der französisch-deutsche Motor nicht nur stottern wird, sondern auch noch zu stoppen droht.

La Repubblica (Italien)

Kein Grund für Siegesgewissheit

Fast ein Drittel der Wahlberechtigten erklärt, den Urnen fernbleiben zu wollen. Grund ist das Misstrauen der Menschen gegenüber der Politik. Doch ein weiterer Grund für die Enthaltung seitens der weniger überzeugten Linken könnte auch die unvorsichtige Gewissheit des vermeintlich sicheren Siegs von Hollande sein. Sie glauben, der Gang zur Urne sei überflüssig, denn Hollande werde sowieso siegen, und zwar dank Sarkozy, der mit seiner Unpopularität zum größten Wahlhelfer von Hollande geworden ist.

El País (Spanien)

Sarkozy verheimlicht Sparpläne

Dass Sarkozy um jede Stimme kämpfen will, gibt ihm nicht das Recht, die grundlegenden Anstandsregeln gegenüber den befreundeten Nachbarländern zu missachten. Vielleicht sind ihm diese Regeln egal. Zumal er sagt, dass er bereit sei, die Strategie des „leeren Stuhls“ in den europäischen Institutionen anzuwenden (also keine französischen Repräsentanten zu schicken), um Veränderungen zu erzwingen, so wie es seinerzeit General de Gaulle tat. Diesmal erwähnte Sarkozy Mariano Rajoy als „einen Mann mit großen Qualitäten, der nicht die Schuld an der Situation in Spanien trägt“. Gleichzeitig schloss er Kürzungen „wie in Spanien“ aus. So etwas Ähnliches hatte Rajoy vor den Wahlen am 20. November ebenfalls gesagt. Franzosen, ihr solltet euch fürchten.

Blog Sarkozysme culturel (Frédéric Martel, Frankreich)

Sarkozy wird bald vergessen sein

Was ist Sarkozysmus? Was bleibt davon in der Geschichte der Konservativen übrig, wenn er am 6. Mai besiegt wird? Was wird daraus in den Geschichtsbüchern? Eine eher erfolglose Aufgeregtheit? Ein Voluntarismus ohne Reformgeist? Ein Bonapartismus? Tatsächlich wird nach dem 6. Mai vom Sarkozysmus nichts übrig bleiben, so meine These. Den Konservativen wird es schwerfallen, sich diese Pose, diesen Politikstil und dieses Gefühl für die Medien anzueignen. Und Sarkozy wird das gleiche Schicksal ereilen. Wenn er verliert, wird er von der Bildfläche verschwinden, und niemand wird große Lust haben, ihn zurückzuholen.

Quelle: eurotopics