LIEBESERKLÄRUNG
: Berliner Hippies

MAN MUSS SIE EINFACH LIEBEN, ALL DIE FANS DES FREIEN TEMPELHOFER FELDES: SIE HABEN DIE ZUKUNFT OFFENGEHALTEN

Da ist das Gejammer plötzlich groß: weil im Volksentscheid am Sonntag in Berlin die Bebauung des Tempelhofer Feldes verweigert wurde. Doch man muss sie loben und knuddeln, die Berliner Hippies.

Denn als solche werden sie plötzlich gebrandmarkt: als nur an ihrer persönlichen Selbstverwirklichung interessierte Skater-Freaks. Das sagen nicht nur notorische Krawallschachteln wie Ulf Poschardt in der Welt, sondern auch Kommentatoren, die man versehentlich beinahe für vernünftig gehalten hätte. Und die Vasallen des Senats, die in selbst für die bodenlosen Berliner Verhältnisse schier sprachlos machender Dummdreistigkeit nun behaupten, dann sei den Stadtbewohnern an günstigem Wohnraum wohl nicht gelegen.

Allein für diese Reaktionen hat sich der Volksentscheid gelohnt. Das Klagen über die Berliner Nehmermentalität hat etwas Rührendes aus dem Mund von Leuten, die ihren Reichtum nur durch mindestens systemimmanente, in der Regel ganz persönliche Asozialität zusammengerafft haben.

Und so großmäulig nervtötend der Berliner auch gern ist – dass er keinen einzigen Quadratmeter mehr einem Senat überlassen will, der sein Komplettversagen wöchentlich an allen Baustellen der Region unter Beweis stellt, zeugt von erfrischend nüchterner Lagebewertung.

Dafür hat Berlin nun weiterhin eine brachliegende innerstädtische Pampa, ein Monument gegen die Verwertung von allem und jedem. Das ist nicht nur hübsch, sondern schlau. Kurzfristig, weil es die Stadt noch attraktiver macht. Mittelfristig, weil man ja später noch ganz andere Sachen damit machen kann. Ein Wohngebiet etwa, wo sie alle hinkönnen, die Poschardts und Wowereits und wer sich da noch gerade alles entblödet. Eine Gated Community eben. Den Schlüssel dafür, den behalten allerdings wir. HEIKO WERNING