Nuklearer Briefwechsel

Jürgen Großmann (Foto) hat gekämpft – gegen den Atomausstieg. Meist tat der frühere RWE-Chef dies polternd und direkt. Er konnte aber auch fein taktieren, wie ein am Donnerstagabend vom ARD-Magazin „Monitor“ bekannt gemachter Briefwechsel zeigt.

Danach hat Großmann beim hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier im Frühjahr 2011 ein Schreiben bestellt, das als wesentliche Grundlage für die Klagen der AKW-Betreiber gegen den Atomausstieg gilt – und der CDU-Politiker hat prompt geliefert. Der RWE-Chef soll den Deal vorab mit dem Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) eingefädelt haben.

Eine Woche nach der Atomkatastrophe in Fukushima hatten die Behörden sieben alte AKWs, darunter das von RWE betriebene Biblis, per Verfügung für zunächst drei Monate stillgelegt. Dagegen klagten die Konzerne auf 880 Millionen Euro Schadenersatz. Gerichte bestätigten, dass die Verfügung fehlerhaft war.

Dass RWE Biblis nach dem Moratorium nicht wieder ans Netz nahm, begründete der Konzern vor allem mit dem Brief Bouffiers vom 13. Juni 2011. Darin heißt es, die hessische Atomaufsicht werde gegen eine Wiederinbetriebnahme vorgehen. Das Schreiben lieferte Experten zufolge die Begründung der Schadenersatzforderungen. Die Landesregierung in Wiesbaden sagt, der Brief sei nicht rechtsverbindlich, sondern ein „politisches Schreiben“ gewesen. Ein weiterer, bislang geheimer Brief zeigt aber, dass Großmann den hessischen Regierungschef vorher um eine entsprechende Ankündigung bat und sich dabei auf eine Zusage Pofallas berief: „Herr Minister Pofalla sagte mir zu, mir […] einen schriftlichen Bescheid zu geben, dass Sie ein evtl. Anfahren verhindern werden. Wann können wir mit diesem Schreiben rechnen?“ REIMAR PAUL