Bremer Linkspartei rügt ihre Chefs

Partei- und Fraktionsvorstand haben es jetzt schriftlich: Sie haben in der Affäre um ihren Ex-Geschäftsführer auf der ganze Linie versagt. Der wartet weiter darauf, dass die Vorwürfe der sexuellen Belästigung zurück genommen werden

Eine deutliche Niederlage mussten Partei- und Fraktionsvorstand der Linkspartei in Bremen einstecken. Auf dem Landesparteitag am Sonntag stimmte eine Mehrheit der rund 70 Anwesenden für einen Antrag, der das Verhalten der Vorstände in der Affäre um den entlassenen Fraktionsgeschäftsführer Manfred Steglich rügte. Diesem wurde über Monate in der taz und anderen Medien unterstellt, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sirvan Cakici, sexuell belästigt zu haben. Grundlage dieser Unterstellungen waren Auszüge aus E-Mails und SMS, die Cakici und andere Parteimitglieder der Presse zur Verfügung gestellt hatten. „Führende Parteimitglieder“ hätten diese Vorwürfe, die in der Straftat Stalking gipfelten, dementieren müssen, heißt es in dem Antrag. Gemeint sind damit offenbar der Fraktionsvorstand und der Berliner „Regionalkoordinator“ Bodo Ramelow.

Während die weiteren Mitglieder der Bürgerschaftsfraktion für ihr Aussitzen der Affäre nicht weiter kritisiert werden, wird der Landesvorstand scharf angegriffen. Dieser habe „eine Pressekampagne zum Schaden der Partei einfach treiben“ lassen – entgegen einem anders lautenden Beschluss. „So sind insbesondere noch um die Jahreswende Pressegespräche mit für die Partei schädlich wirkenden Äußerungen geführt worden, wozu der Landesvorstand sowohl öffentlich als auch parteiintern schwieg.“ Unter anderem die Bild-Zeitung hatte zu diesem Zeitpunkt die Geschichte noch einmal aufgewärmt.

Das Krisenmanagement von Fraktion und Partei wird gleichermaßen gerügt: Es reiche nicht, „die derzeitige Krise von Fraktion und Partei sowie das damit verbundene desolate Erscheinungsbild beider im öffentlichen Raum mit leeren Floskeln wie ‚Neuanfang‘ und ‚Professionalisierung‘ zu kaschieren“.

Auch die Bundespartei, die sich auf Cakicis Seite geschlagen hatte, bekommt ihr Fett weg. Deren Einmischung sei „kontraproduktiv“ gewesen, heißt es in dem Antrag. „Wenn sich die Bundesebene in innerparteiliche Zwistigkeiten auf Landesebene einmischt, so hat sie dies in einem eher ausgleichenden und beruhigenden Sinne zu tun. Tatsächlich haben jedoch öffentliche Äußerungen aus dem Parteivorstand innerparteilich polarisierend gewirkt.“ Als Konsequenz soll der Landesverband in Zukunft seine Entscheidungen selbst treffen, „Interventionen der Bundespartei haben dementsprechend behutsam zu erfolgen“. Die Verantwortung dürfe nicht wieder an die Bundespartei abgegeben werden: „Ein Landesverband, der nur ein lokales Büro der Bundespartei ist, hat politisch keine Chance.“

Aus der Auseinandersetzung um die berufliche Zukunft von Manfred Steglich hält sich die Partei raus. Die Fraktion konnte sich gestern bis Redaktionsschluss nicht einigen, ob sie Steglich öffentlich rehabilitiert. Er hatte dieses zu der Bedingung dafür gemacht, dass er einen Job in der Geschäftsstelle der niedersächsischen Landtagsfraktion annimmt. Zuvor hatte die Fraktion einen Vergleich ihrer Anwältin widerrufen, nach der Steglich wieder in Bremen eingestellt werden sollte. EIKEN BRUHN