Die Meere nutzen – aber koordiniert

Der ökologische Schutz von Nord- und Ostsee ist allen sehr wichtig auf dem Meeresumwelt-Symposium in Hamburg. Zuerst aber kommt die Vertiefung von Elbe und Weser, dann die Aufteilung in Sektoren für wirtschaftliche Nutzungen

Die Ansagen sind eindeutig: An der Vertiefung von Unterelbe und Außenweser hält die Bundesregierung fest, auch der Ausbau der Hinterlandverbindungen zu und von den großen Häfen habe „hohe Priorität“. Das versicherte Karin Roth (SPD), Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, am Dienstag in Hamburg. Vor etwa 400 TeilnehmerInnen aus Forschung, Verbänden, Behörden und Politik kündigte Roth auf dem 18. Meeresumwelt-Symposium des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) zudem einen maritimen Raumplan sowie eine norddeutsche Meeres- und Küstenkonferenz an.

Bei der Ausbaggerung von Elbe und Weser für die Containerschifffahrt „bleibt es“, sagte Roth. Verbesserte ökologische Ausgleichsmaßnahmen, wie sie im Hamburger schwarz-grünen Koalitionsvertrag vereinbart wurden, und die Deichsicherheit am ganzen Fluss „müssen aber gewahrt werden“, führte die ehemalige Hamburger Sozialsenatorin aus.

In etwa zwei Monaten werde ihr Ministerium den überfälligen Entwurf für eine maritime Raumplanung vorlegen, sagte Roth. Dabei geht es um die Aufteilung von Nord- und Ostsee in Nutzungssektoren: Offshore-Windparks dürfen nicht an Schifffahrts- und Vogelzugrouten liegen und ihre Stromkabel ebenso wie Gaspipelines nicht durch die Kernzonen von Nationalparks zum Land führen. Zudem sind die Interessen von Ölkonzernen, Fischern, Tourismusbehörden und Naturschützern möglichst auch räumlich voneinander zu trennen.

Dieser integrierte Nutzungskonflikt in Nord- und Ostsee ist einer der Hauptgründe dafür, dass die Genehmigung von Offshore-Windparks durch das BSH sich immer weiter verzögert, wie der Bundesverband Windenergie gerade erst an diesem Montag beklagt hatte. Er rechnet damit, dass die ersten Anlagen nicht vor 2010 ans Netz gehen können.

Auch deshalb will die Bundesregierung in den nächsten Monaten mit den norddeutschen Ländern sowie „allen maritimen Akteuren“ über eine „integrierte Meerespolitik für Deutschland“ konferieren. Es gehe darum, sagte Dietrich Seele, Abteilungsleiter im Verkehrsministerium, „Sektor übergreifende Konflikte zu lösen“. Bislang würden Behörden und Institutionen, welche die Meere beispielsweise „vor Verschmutzung, illegaler Fischerei oder Schmuggel schützen sollen, unabhängig voneinander Systeme entwickeln“. Ein koordinierter und ganzheitlicher Ansatz scheiterte mithin stets an eigensinniger Wurschtelei und Kompetenzgerangel – das soll nun offenbar geändert werden.

Und das sei auch bitter nötig, sagte die Meeresexpertin von Greenpeace, Iris Menn. Neuen internationalen Untersuchungen zufolge seien nur vier Prozent der Meeresfläche „vom Menschen nicht beeinträchtigt“, 40 Prozent hingegen bereits stark. Und die am intensivsten genutzten Gewässer der Welt sind die an der Halbinsel Europa: Mittelmeer und Schwarzes Meer sowie Nord- und Ostsee. So weisen die beiden kleinen Meere vor den norddeutschen Stränden den weltweit dichtesten Schiffsverkehr auf.

Doch für ihren Schutz fehlen „praxisorientierte Maßnahmen“, kritisiert die Greenpeace-Frau. Zwar gebe es einen so genannten Ostsee-Aktionsplan, der aber enthalte keine Beschränkungen für Fischerei und Landwirtschaft. Auch die Aussagen und Maßnahmen für die Einschränkungen bei der Öl- und Gasförderung sowie beim Sand- und Kiesabbau auf See seien nicht konkret genug oder würden gänzlich fehlen. Der Aktionsplan gehe „in die richtige Richtung“, sagte Menn. Von ihm die Rettung der Ostsee zu erhoffen, wäre aber „zu weit gegriffen“.SVEN-MICHAEL VEIT