Besonderer Bedarf

Niedersachsens Staatsgerichtshof verhandelt, ob private Psychiatrien die Grundrechte der Insassen gefährden

Der politische Streit um die Privatisierung von acht der zehn psychiatrischen Landeskrankenhäuser Niedersachsens ist am Freitag vor Gericht verhandelt worden. Der Staatsgerichtshof in Bückeburg soll klären, ob der Verkauf durch die Landesregierung und die damit verbundenen Gesetzesänderungen die Grundrechte der Patienten gefährden. Das fürchten 71 Abgeordnete von SPD und Grünen im Landtag: Sie hatten gegen die Privatisierung geklagt, die der Landeskasse rund 100 Millionen Euro eingebracht hatte.

Die Oppositions-Fraktionen argumentierten, dass die Unterbringung in den Landeskrankenhäusern nicht privatwirtschaftlich organisiert gehöre. Denn dort befänden sich im so genannten Maßregelvollzug auch psychisch kranke, therapiebedürftige Straftäter. In diesen Kliniken muss nicht selten gegen den Willen der Patienten Zwang angewendet werden – etwa, um sie zu fesseln oder ihnen Medikamente zu verabreichen. Beides berührt die Grundrechte jedes Menschen. Daher, so SPD und Grüne, gehörten diese Aufgaben weiterhin in die Hände öffentlich Bediensteter.

Die Vertreter der Landesregierung entgegneten, dass die Kontrolle hoheitlicher Rechte im Maßregelvollzug bei den Landesbediensteten bleibe. In jeder verkauften Klinik seien 14 Mitarbeiter aus dem öffentlichen Dienst vorgesehen, darunter je vier Ärzte. „Es gibt keinen Fall, in dem wir die Erlaubnis erteilen, irgendwie zu handeln“, sagte Sylvia Hagemann, Leitende Ministerialrätin in der Staatskanzlei. „Wir haben ständigen Durchgriff.“

Weitere Verhandlungstermine wird es in der Sache nicht geben: Die neun Richter des Staatsgerichtshofes wollen noch in diesem Jahr ihre Entscheidung bekannt geben. DPA