Lüneburger stoppen Nazi-Aufmarsch

Die „Freien Kameradschaften“ (FK) und die NPD wollten am Ostersamstag vor einem Lüneburger Szeneladen eine Mahnwache abhalten. Doch 2.000 Demonstranten und eine friedliche Sitzblockade stoppten den rechten Auftritt

Vom Bahnhof aus konnten die rund 150 Kameraden um Dennis Bührig und Christian Worch kaum losgehen. Schon auf dem Vorplatz sahen sie, dass ihnen eine Demonstrantin vom Gebäudedach ein Transparent mit „Kein Bock auf Nazis“ entgegenhielt. Etwa zweihundert Meter von Bahnhof entfernt hatten derweil etwa 167 Protestierende eine Brücke besetzt.

Trotz massivem Polizeiaufgebot von über 2.400 Einsatzkräften waren die Demonstranten auf die Marschroute der Rechten gelangt. Friedlich blieben sie bei strahlendem Sonnenschein auf der Brücke sitzen. „Nazis stoppen – Wir stellen uns quer“ konnte auf einem Transparent gelesen werden. „Keinen Meter der Stadt den Nazis“ skandierte die bunte Gruppe aus Jungen und Alten. Den Worten von Superintendentin Christine Schmid, des DGB-Regionalvorsitzenden Hartwig Erb und der SPD-Ortsvorsitzenden Hiltrud Lotze bei der Gegendemonstration „Rechtsextremismus zu bekämpfen“, folgten jetzt Taten.

Über 2.000 Menschen hatten zuvor in der Salzstadt an der Demonstration des „Lüneburger Bündnis für Demokratie – Netzwerk gegen Rechtsextremismus“ teilgenommen. Viele von ihnen standen nun nahe der Brücke. Pfui-Rufe wurden laut, als die Polizei versuchte, die Blockade zu räumen. „Wir sind friedlich, was seid ihr“, riefen die Blockierer. Als längst noch nicht alle Blockierer weggebracht waren, brach plötzlich Jubel und Applaus auf. „Die Nazis müssen umkehren“, machte die Runde.

Die Rechtsextremen hatten sich während der Blockade nicht so friedlich verhalten. Als die Polizei sie anhielt, weil die Route nicht frei war, versuchten sie durchzubrechen. Ohne Erfolg. Eine alternative Route, die ihnen von der Einsatzleitung angeboten wurde, schlugen sie aus, sagte Polizeisprecher Kai Richter. Die Folge: Die Polizei erklärte den Marsch für beendet. Verärgert griffen Rechte erneut Beamte an, die zurückschlugen. Über den Lautsprecherwagen wetterte der FK-Anführer Worch über die „Polizeiwillkür und Rechtsbrüche“. Thomas Wulff, NPD-Bundesvorstandsmitglied, machte mangelnde Rechtsstaatlichkeit aus. Beim Auftakt gab sich Bührig, von der „Kameradschaft 73“ in Celle, weniger rechtstreu. Namentlich unterstellte er einem Organisator des Gegenprotests bei Gewalttaten gegen „Nationale“ dabei gewesen zu sein und sagte: „Es ist Zeit, sich selbst vor diesem Gesindel zu schützen“. Die anhaltenden Proteste gegen die Szeneläden „Black Crow Tattoo“ und „Hatecore Lüneburg“ hatten zu dem Marsch geführt.

Worch kündigte an, gegen die Auflösung des Marsches rechtlich vorzugehen. Mehrere Kameraden erwarten aber Verfahren wegen Landfriedensbruch und Widerstand gegen die Staatsgewalt. Auch leitete die Polizei 167 Verfahren gegen die Brückenblockierer ein. „Egal, das war es mir wert“, sagte eine der Betroffenen lächelnd. ANDREAS SPEIT