Sitzen neben den Schlägern

RECHTSEXTRMISMUS Eine Frau wird von den Neonazis angezeigt, die sie wiederholt bedroht und angegriffen haben. Das Gericht möchte beide Prozesse zusammenlegen

„Ich habe echt Angst“, sagt Krause. „Ich will nicht mit denen gemeinsam auf einer Anklagebank sitzen“

VON ANDREAS SPEIT

Der Plan scheint aufzugehen: Griffen niedersächsische Neonazis zuerst ausgemachte Gegner an, um sie dann ihrerseits anzuzeigen? Nachdem Frauke Krause (Name geändert) von den Neonazis Marco S. und Marcus W. attackiert wurde, muss sie sich nun selbst vor dem Amtsgericht Neustadt am Rübenberge (Region Hannover) verantworten. „Ich kann das gar nicht fassen“, sagt Krause, der nun gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr und versuchte gefährlicher Körperverletzung zur Last gelegt wird.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie möchte die Richterin das Verfahren gegen Krause mit dem Prozess gegen die beiden Neonazis zusammenlegen. Diese sind wegen anderer Taten bereits in Haft, nun wird ihnen gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Dadurch solle offenbar eine doppelte Beweisführung vermieden werden, sagt Krauses Verteidiger Sebastian Nickel. „Mit Opferschutz hat das gar nichts zu tun“, so Nickel weiter: „Meine Mandantin hat große Angst.“

Worum geht es? Am 12. Juni 2008 fuhr Krause mit dem Auto nach Hause nach Wunstorf, wo sie bei ihren Eltern lebt. Bei ihrer Ankunft habe sie gesehen, wie ihr Vater am heimischen Gartenzaun von vier Männer, darunter S. und W., bedroht wurde. Die Rettungssanitäterin will schnell geparkt haben, um ihrem Vater helfen zu können. „Die schlugen auf mich ein“, berichtet die junge Frau, die vor Ort gegen Rechtsextremismus aktiv ist. Ihre Mutter rief die Polizei, die Täter konnten flüchten. Krause erstattete Anzeige. Ein paar Tage später kam es dann zur Gegenanzeige seitens der Neonazis: Krause habe sie mit dem Auto anzufahren versucht.

Seit längerem bereits drohen Neonazis die Familie Krause. Wochen nach dem Vorfall vom 12. Juni ist Frauke Krause am Wunstorfer Bahnhof niedergeschlagen worden. Als sie bereits bewusstlos am Boden lag, soll Marco S. weiter auf sie eingetreten haben. Schlimmeres verhinderten erst herbeigerufene Polizeibeamte.

„Ich habe echt Angst“, sagt Krause zur taz. „Ich will nicht mit denen gemeinsam auf einer Anklagebank sitzen.“ Eine faire Verhandlung „ist so nicht gegeben“, sagt ihr Anwalt Sebastian Nickel: „Die Staatsanwaltschaft scheint hier überhaupt die rechte Bedrohung nicht ernst zu nehmen.“ Sowohl W. als auch S. waren bereits wegen schwerer Gewalttaten in Haft, W. sogar wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge. Marco S. griff bereits im Jahr 2007 Antifaschisten tätlich an, das Verfahren wurde aber eingestellt.

Das Amtsgericht gibt sich zurückhaltend. „Der Verhandlungstermin ist noch nicht festgesetzt“, sagt Michael Giers, Direktor des Gerichts und Pressesprecher. Über die Möglichkeit der Terminzusammenlegung könne keine Auskunft gegeben werden. „Erste Gespräche zwischen Richterin und Verteidiger“, räumt Gries aber ein, „könnten gelaufen sein.“