Bewährungsstrafe für Morsals Vater

„EHRENMORD“ Dem Vater der ermordeten Morsal Obeidi bleibt ein öffentliches Gerichtsverfahren erspart

Ghulam Mohammad Obeidi muss nicht vor Gericht. Dem Vater der von ihrem Bruder Ahmad ermordeten Deutsch-Afghanin Morsal Obeidi bleibt eine öffentliche Hauptverhandlung erspart. Der 46-Jährige akzeptierte einen gegen ihn von der Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht-Hamburg beantragten Strafbefehl von zehn Monate Haft auf Bewährung.

Obeidi wird die Misshandlung Schutzbefohlener zur Last gelegt, da er seine 16-jährige Tochter mehrfach wegen ihres westlichen Teenager-Lebensstils geschlagen hatte. Morsal war aus demselben Grund am 15. Mai 2008 von ihrem 24-jährigen Bruder Ahmad zu einem Bahnhof in Hamburg-St. Georg gelockt und mit 23 Messerstichen getötet worden. Ein anwesender Cousin half ihr nicht, wird dafür aber rechtlich nicht belangt.

Einen Tag vor der Tat hatte auch Ghulam Mohammad seine Tochter an einem U-Bahnhof attackiert und getreten, um sie zu maßregeln. Sie fand an jenem Abend aber noch Schutz bei Passanten, die die Polizei alarmierten. „Sie wollte danach partout nicht nach Hause, da sie immer wieder vom Vater und vom Bruder geschlagen worden sei“, sagte später ein Polizist vor Gericht. Auch eine Polizistin musste Tage zuvor Morsal zur Hilfe eilen, nachdem sie von ihrem jüngeren Bruder gewürgt worden war. Zuvor hatte sie sich an einem geknoteten Bettlaken aus der elterlichen Wohnung abgeseilt, in die ihr Vater sie gesperrt hatte.

Bereits im März 2008 hatte Morsal bei der Polizei um Schutz vor ihrer Familie ersucht. Beim Verlassen der Wohnung habe Ahmad seiner Schwester überraschend „mit der Faust ins Gesicht geschlagen“, berichtete ein Polizist. Auf der Wache habe die 16-Jährige sich dann verzweifelt beklagt: „Ich möchte doch nur leben wie jede Deutsche.“

Vater Ghulam Mohammad hatte im Sommer 2006 noch versucht, Morsal in Afghanistan zwangsweise zu verheiraten, ein Onkel intervenierte jedoch aus Deutschland auf ihren Hilferuf per Handy. Dass der Vater in den so genannten „Ehrenmord“ des Sohnes Ahmad involviert oder ihn sogar in Auftrag gegeben hat – dafür konnte die Anklagebehörde jedoch keine Anhaltspunkte finden. KAI VON APPEN