HANS HAACKE, KONZEPTKÜNSTLER UND ROLANDPREISTRÄGER
: Kunst als Einmischung und Auftrag gesehen

■ kommt aus Köln und lebt seit 1965 in New York. Er war drei Mal auf der Documenta vertreten und bis 2002 KunstproKU0402 ZZH KU04 GB0601 DEU KU0403 DEU fessor. Foto: dpa

Nicht wenige sehen in ihm einen penetranten, etwas nervigen Moralapostel. Anderen gilt er als Pionier einer politisch engagierten und investigativen Kunst, als personifiziertes linkes Gewissen: Hans Haacke. Gestern wurde der Konzept-Künstler für sein Lebenswerk mit dem Bremer Rolandpreis ausgezeichnet. Die Auszeichnung ist mit 15.000 Euro dotiert, wird nur alle drei Jahre verliehen und ist die älteste Auszeichnung für Kunst im öffentlichen Raum. Ihr erster Preisträger war 1980 Alfred Hrdlicka.

Die Stiftung Bremer Bildhauerpreis sieht die Ehrung „angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Lage“ als „Antwort auf den Zeitgeist“. Haacke, so die Laudatio, habe über Jahrzehnte hinweg immer wieder „unorthodoxe“ ästhetische Mittel und Strategien verwendet, „um verborgene Widersprüche, falsche Gewissheiten und verdrängte Missstände der Gesellschaft aufzudecken und auf übersteigerte Weise öffentlich zu machen“.

Zum Beispiel 1971, als er den Mietpreisspiegel besonders teurer Straßen in New York veröffentlichte – und gleich dazu die Immobilienspekulationen jener, die mit ihren Profiten das Guggenheim Museum sponserten. Seine Arbeit „Shapolsky et al“ war daraufhin ebenda nicht zu sehen. 1974 wurde er vom Kölner Wallraff Richards Museum ausgeladen – weil er Manets ehemals in jüdischem Besitz befindliche „Spargelstilleben“ mit der Geschichte von Hermann Josef Abs verknüpft hatte. Das Gemälde war 1968 von einem Kuratorium erworben worden, dessen Vorsitzender Abs war. Der ex-Vorstandssprecher der Deutschen Bank hatte sich im Dritten Reich für die Arisierung jüdischen Vermögens und die finanzielle Konsolidierung des NS-Regimes engagiert.

Die Liste ließe sich lange fortsetzen. Kunsthistorisch wird Haacke, dem 2006 in Hamburg eine große Retrospektive gewidmet war, unter dem Stichwort „Institutionenkritik“ verbucht. Zuletzt wurde er durch sein Werk „Die Bevölkerung“ bekannt, das nach langer Diskussion im Bundestag im Lichthof des Reichstages installiert wurde. Es besteht aus weißen Leuchtbuchstaben, die auf die Inschrift „Dem deutschen Volke“ anspielen, und für die alle Abgeordneten Erde aus ihrem Wahlkreis stiften sollten.

Mit Bremen verbindet den Wahl-Amerikaner bislang nichts. Er ist aber gehalten – wie seine Vorgänger auch –, in Bremens öffentlichem Raum ein Kunstwerk zu schaffen. JAN ZIER