Rösler will Gesundheitssystem verarzten

KARRIERESPRUNG Niedersachsens Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) ist der Schwarm alternder Talkshowmoderatorinnen. Politisch ist er blass geblieben. Nachfolger wird Fraktionschef Bode

Vor Wochenfrist war Philipp Rösler (FDP) noch mit LKW-Stellplätzen an der A 27 befasst. Freitag wurde der 36-Jährige auf den Schleudersitz des Bundesgesundheitsministers gehievt – nach acht Monaten Erfahrung als Chef in Niedersachsens Wirtschaftsressort.

Was den Udo-Jürgens-Fan dafür qualifiziert? Immerhin hat Rösler Medizin studiert und weiß, was zu tun ist, wenn nach einer Bypass-OP die Pumpe stottert. Ansonsten werden gern sein Lausbubencharme, gute Manieren und die Handpuppe Willi angeführt, mit denen der Hobbybauchredner alternde NDR-Talkshow-Moderatorinnen entzückt.

Bei den Herren der Schöpfung punktet das vietnamesische Waisenkind durch Smartness und die eisern trainierte Kunst der freien Rede. Das beeindruckte auch Ministerpräsident Christian Wulff (CDU). Als Nachfolger hat der geschäftsführende FDP-Landesparteivorstand den bisherigen Fraktionschef Jörg Bode vorgeschlagen. Die Zustimmung des kompletten FDP-Vorstandes am Dienstag gilt als Formsache.

Dass es der junge Rösler so weit bringen konnte, lag in erster Linie nicht an seinen Qualitäten, sondern daran, dass die Personaldecke der FDP dünner ist als Osteroblaten.

Welche politische Potenz Rösler wirklich besitzt, weiß man nicht so recht. Als Wirtschaftminister blieb er blass. Sigmar Gabriel nannte ihn vorgestern einen „schneidigen Spalter“, weil er die Klientelpolitik im Gesundheitswesen durchsetzen soll. Zu diesem Thema hat sich der Abgeordnete Rösler im Landtag 2004 mit einer schönen Rede über „die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“ geäußert. Er echauffierte sich über Medikamentenmissbrauch aufgrund von „Schulstress und Leistungsüberforderung“. Seine Empfehlung: ein gemeinsames gesundes Frühstück „vor Unterrichtsbeginn“. MICHAEL QUASTHOFF

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