PAUL-JoSEF RAUE, CHEFREDAKTEUR
: Der Sonntagsredner

■ war Chefredakteur bei diversen Regionalzeitungen. Im Januar übernimmt er die Thüringer Allgemeine.  Foto: dpa

Der Chefredakteur der Braunschweiger Zeitung redet gerne in Kirchen. Dann sagt Paul-Josef Raue schöne Sätze, wie den, dass Journalisten „Treuhänder des Volkes“ seien und die Aufgabe hätten, „die Mächtigen zu kontrollieren“. Es sind Sätze, die auch im „Handbuch des Journalismus“ stehen, das Raue mit seinem Mentor Wolf Schneider geschrieben hat, dem ehemaligen Leiter der Hamburger Henri-Nannen-Schule.

Raue ist der Mann, den der WAZ-Konzern als neuen Chefredakteur zur Thüringer Allgemeinen abkommandiert hat, nachdem er acht Jahre lang bei der Braunschweiger Zeitung aufgeräumt hat. „Das ist das Ende einer Schreckensherrschaft“, heißt es aus der Belegschaft. Anfangs habe sich Raue „handzahm“ gegeben, doch dann habe er ein Zeichen gesetzt: Er schoss zuerst den Sportchef ab und dann seinen eigenen Stellvertreter. Ab da habe niemand mehr zu widersprechen gewagt.

Seine Vision einer „Bürgerzeitung“, in der die Bürger selbst ihre Themen einbringen, führte zu einer ausgiebigen Berichterstattung über ehrenamtliches Engagement und das Braunschweiger Vereinsleben. Die Zeitung bekam dafür im August den Lokaljournalisten-Preis der Konrad-Adenauer-Stiftung im Braunschweiger Dom überreicht, in Beisein des Bundespräsidenten, der das Ehrenamt auch sehr wichtig findet.

Kritiker der Braunschweiger Zeitung aus dem Bürgerinitiativen-Lager werfen dem Blatt vor, keine Bürger-, sondern eine „Bürgermeisterzeitung“ zu sein. In Braunschweig regiert unangefochten CDU-Rechtsaußen Gert Hoffmann, und die Braunschweiger Zeitung habe ihn dabei unterstützt, das ECE-Shoppingcenter hinter der Schlossfassade als „Wiederaufbau des ganzen Schlosses zu verkaufen“. Tatsächlich hat die Zeitung eine Rüge vom Presserat kassiert, weil ihre Berichterstattung zu dem Thema „für den Leser irreführend“ gewesen sei.

Raue geht zur Thüringer Allgemeinen, weil deren langjähriger Chefredakteur Sergej Lochthofen die „Umstrukturierungen“ des WAZ-Konzerns nicht mitmachen wollte. Mit Raue, da kann man fast sicher sein, wird es solche Probleme nicht geben. WIE