Frisch und unterhaltsam

FERNSEHEN Auf dem Bremer Forum „The Look of Sound“ diskutieren Redakteure, Musiker und Regisseure über die Präsentation klassischer Musik in der Glotze

Statt über die Macht der Quote zu klagen, wurden neue Sendeformate diskutiert

Ohne Katrin Rabus gäbe es das Fernsehforum „The Look Of Sound“ nicht. Darüber sind sich die etwa 100 Teilnehmer dieser elitären Veranstaltung klar. Sie kamen zum siebten Mal nach Bremen, weil die eigenwillige und energische Kulturveranstalterin sich dafür einsetzt, dass klassische und Neue Musik öfter und besser im deutschen Fernsehen repräsentiert wird. Am heutigen Samstag ist der letzte Tag der diesjährigen Ausgabe.

Die meisten Teilnehmer wurden von Katrin Rabus persönlich eingeladen. Da wird dann schon mal an recht hoher Stelle beim Bayrischen Rundfunk angerufen und darum gebeten, einen Redakteur in den hohen Norden zu schicken, um dort über eine neues Sendeformat im dritten Programm zu berichten. Als ehemalige Rundfunkrätin und Trägerin des französischen Ordens „Pour le Mérite“ ist Rabus mit ihren Anfragen auch meist erfolgreich.

Das klug zusammengestellte Programm dreht sich nicht nur um Musik und ihre Vermittlung, es gibt als Kontrapunkte zu den Vorträgen und Filmvorführungen auch kleine Konzerte von Musikern wie dem Flötisten Jean Luc Menet oder dem Pianisten Steffen Schleiermacher. Letzterer kombinierte Musik von John Cage mit Filmdokumenten von Frank Scheffer und ließ dabei die Reihenfolge in bester Cage-Tradition durch die Zufallswürfe des I-Ging bestimmen.

Dass so ein Programm keine Chance auf einen Sendeplatz in einem deutschen Fernsehsender hat, ist klar. Deshalb wird in diesem Jahr auch nicht mehr wie früher über die Allmacht der Quote geklagt, sondern es werden neue Sendeformate diskutiert, in denen klassische Musik frischer und vor allem unterhaltsamer als bisher vorgestellt wird. Beispielsweise präsentierte Dieter Schneider vom ZDF-Theaterkanal die bei einem jungen Publikum erstaunlich erfolgreichen Formate „Arte Lounge“ und „Annettes DaschSalon“, bei denen in einer Live-Atmosphäre von coolen Moderatoren eine Mischung aus Hoch- und Popkultur geboten wird.

Die Schwelle zu den Kulturtempeln so niedrig wie möglich zu legen, versuchen auch die Programmmacher von Arte mit ihrer Reihe „Oper entdecken“. In der wird in 50 Minuten jeweils ein klassisches Opernwerk vorgestellt. Als Vorpremiere wurde die Folge zu Wagners Oper „Rienzi“ gezeigt. Hauptkritikpunkt daran in der Diskussion danach: „Da geht es ja kaum noch um die Musik!“

Neben einem Vortrag von Ulrich Mosch darüber, wie Musik in den verschiedenen Medien wahrgenommen wird, zeigte der Regisseurs Janos Darvas Beispiele seiner Arbeit: Darvas hat Komponisten portraitiert – und sich auf die Live-Regie bei Fernsehübertragungen von Klassik- und Jazzkonzerten spezialisiert.

Unter den vielen von ihm gezeigten Beispielen war auch jenes von der Übertragung einer Aids-Gala, bei der statt der Musiker die prominenten Gäste in ihren Abendgarderoben gezeigt wurden. Es waren viele Schnitte, bis der Dirigent und endlich auch ein paar Mitglieder des Orchesters im Bild waren. Die Musik ist selten die Hauptsache – außer einmal im Jahr bei Rabus.

WILFRIED HIPPEN