KOMMENTAR: DANIEL KUMMETZ ZUR PFEFFERSPRAY-AFFÄRE
: Der Minister und die Gewalt

Das Vorgehen des Innenministers wirkt noch fragwürdiger als zuvor

Immer häufiger geraten Polizisten in Gefahr, müssen in Sekundenschnelle schwierige Entscheidungen treffen – und sie allein wissen am besten, was richtig ist. So argumentierte Schleswig-Holsteins Innenminister Klaus Schlie, als er eine Elmshorner Amtsrichterin kritisierte, die einen Polizisten wegen eines Pfefferspray-Einsatzes verurteilte. Da kannte er noch nicht mal ihre Begründung. Die liegt nun vor – und lässt Schlies Vorgehen noch fragwürdiger wirken als bisher.

Sofern der damalige Sachverhalt nicht furchtbar falsch aufgeklärt wurde, dann ist klar: Der dort verhandelte Pfefferspray-Fall hat nichts mit dem Szenario zu tun, auf das Schlie anspielt. Aus Sicht des Gerichts gab es weder Entscheidungsdruck für den Polizisten noch eine unmittelbare Gefahr. Im Berufungsverfahren wird das alles noch mal geprüft werden.

Sollte dabei nichts anderes herauskommen, steht Schlie schlecht da. Dann geht es nicht nur darum, ob der Richter rüffelnde Innenminister ein gestörte Verhältnis zur Gewaltenteilung hat, sondern um sein Verhältnis zur Gewalt an sich.

Entweder hat Schlie seinen Polizisten eine Blanko-Rückendeckung gegeben, obwohl bekannt ist, dass es auch bei Polizeieinsätzen Fehlentscheidungen gibt. Oder er findet es okay, dass Polizisten ohne Warnung Pfefferspray versprühen, nur weil jemand ihre Anweisungen nicht befolgt. So ein Minister wäre nur schwer zu ertragen.