Brückenkopf nach Ostasien: Die Teebrücke an der Ostsee

Ein asiatisches Teehaus auf einer Seebrücke erbaut ab Montag das Ostseebad Timmendorfer Strand. Das Geschenk des Hamburger Mäzens Jürgen Hunke findet jedoch nicht nur Beifall im "Nizza des Nordens"

"Das Haus wird sich mit dem Meer verbinden": So soll die Teebrücke bei Sonnenaufgang aussehen Bild: Hunke

Hamburg taz | Jürgen Hunke ist fast am Ziel seines Traumes. Am kommenden Montag wird der erste von 62 Betonpfählen vor dem Ostseebad Timmendorfer Strand in den Meeresboden gerammt. Bis Ende Februar soll die neue Seebrücke stehen, und dann kann Hunke auf dem Brückenkopf sein asiatisches Teehaus errichten. "Da kann man über dem Meer sitzen und einfach sein", schwärmt der 68-Jährige. "Es geht um Harmonie, es geht um Ästhetik." Den zweistöckigen Pavillon samt Galerie und Bücherei errichtet Hunke auf eigene Kosten, etwa 1,2 Millionen Euro will er sich seine "Spende an die Timmendorfer" kosten lassen.

Ursprünglich hatte die Gemeinde nur den Abriss der alten maroden Brücke und einen rund 100 Meter langen Neubau für 1,7 Millionen Euro geplant - bis 2009 Hunke mit seiner Idee kam, eine 36 mal 16 Meter große Plattform anzubauen und dort ein Teehaus zu errichten. Für Timmendorf verteuert sich der Bau damit um 600.000 Euro. Bürgermeister Volker Popp (parteilos) und die Mehrheit im Gemeinderat halten das für "gut investiertes Geld", um die touristische Anziehungskraft des Ostseebades noch zu steigern, das sich selbst mit holsteinischem Understatement als "Nizza des Nordens" anpreist. Die Idee sei "vielleicht abenteuerlich", räumt Popp ein, doch werde die Teebrücke ein "architektonisch belebender Kontrapunkt" werden.

Für "rausgeschmissenes Geld" hielt hingegen eine Bürgerinitiative das Projekt. Zudem passe ein asiatisches Teehaus "nicht in den Charakter der Küstenlandschaft", findet Initiativensprecher Mike Weber: "Das ist hier Ostsee, nicht Ostasien." Einen Bürgerentscheid am 5. September vorigen Jahres aber verlor die Initiative: 57,8 Prozent der Abstimmenden votierten für Hunkes Teebrücke.

Timmendorfer Strand ist seit 1999 der Zweitwohnsitz des Hamburgers Jürgen Hunke. Als Versicherungsmakler ist er wohlhabend geworden, Präsident des Hamburger SV war er von 1990 bis 1993, Eigentümer der Hamburger Kammerspiele, die er vor dem finanziellen Ruin rettete und komplett renovierte, ist er seit 1994. Sein Mikado-Verlag residiert in fernöstlichem Ambiente am Mittelweg im feinen Hamburger Stadtteil Harvestehude an der Außenalster. Er selbst sieht sich als "unabhängigen, selbstbestimmten Privatier" sowie Verleger und Galerist fernöstlicher Kunst. Deutschlands größte Buddha-Sammlung präsentiert Hunke in fünf Galerien in Hamburg, Berlin und Timmendorfer Strand.

Dort hat der "bekennende Lutheraner mit einem Faible für die buddhistische Philosophie", wie er sich selbst beschreibt, 2004 eine baufällige öffentliche Lesehalle auf eigene Kosten saniert. "Mikado Garden Kunst + Buch", an der Strandpromenade - zweistöckig mit Reetdach, umgeben von Wassergräben, asiatischen Brücken und einem Garten voller Buddhas. Er betreibe das als Künstler, sagt Hunke, "nicht als Kaufmann". Verdient habe er damit "noch keinen Cent".

Hunke selbst residiert 100 Meter weiter in zwei geräumigen, ostasiatisch anmutenden Villen in Weiß, Schwarz, Rot und Glas direkt am Meer. "Mein Wohlfühlhaus" nennt er das Anwesen, das er zurzeit um ein drittes Haus zu einem "Ensemble der Harmonie" erweitert.

Für Initiativensprecher Weber ist es ein "Ensemble der Selbstinszenierung", dem mit der Teebrücke ein weiteres Mosaiksteinchen hinzugefügt werde. Als "guter Demokrat" nimmt der vor zwei Monaten frustriert aus der FDP ausgetretene ehemalige Gemeinderat seine Niederlage indes sportlich hin: "Ich gehe da auch Tee trinken - wenn Herr Hunke mich reinlässt."

Das könnte rechtzeitig zum Beginn der Feriensaison an der Ostsee der Fall sein. Wenn alles gut geht und der Winter nicht so streng wird, sagt Bürgermeister Popp, "können wir im Mai nächsten Jahres eröffnen". Jürgen Hunke sieht alles bereits vor seinem geistigen Auge. Das Teehaus werde auf dem Wasser schweben, "mit viel weißem Glas und weißen Wänden" und abends "diskret mit warmem Licht angestrahlt" werden. "Das Haus", schwärmt er, "wird sich mit dem Meer verbinden."

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