KOMMENTAR: JAN KAHLCKE ÜBER NIEDERSACHSENS ISLAMISTEN-PROGRAMM
: Popanz Islamismus

Es ist verzerrend, den Popanz Islamismus mit realer rassistischer Gewalt gleichzusetzen

Niedersachsen will gegen Islamisten vorgehen. Diese Nachricht hat Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sauber getimt, am Vortag hatte er die Kriminalitätsstatistik vorgestellt. Aber Argumente für seinen Aktionismus gegen Islamisten hat sie ihm nicht an die Hand gegeben: Gerade mal drei Strafverfahren wegen islamistisch motivierter Delikte hat Niedersachsens Justiz 2011 eingeleitet – je einmal wegen „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“, gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung. Klingt nicht gerade, als stünde dahinter eine Massenbewegung, der man dringend mit einem Landesprogramm entgegentreten muss.

Nazis haben im selben Jahr 1.511 Straftaten verübt – fünf Prozent mehr als im Vorjahr. 87 davon waren Gewaltdelikte. Aber der Innenminister hat die Chuzpe, sein „erfolgreiches“ Programm für rechte Aussteiger zu loben – und es auf die vermuteten Islamisten auszudehnen. Dabei hatte Schünemanns Verfassungsschutz die niedersächsischen Helfer der Nazi-Terrorgruppe NSU nicht einmal auf dem Radar.

Schünemanns Ministerium, das den Anstieg links motivierter Kriminalität durch die Castor-Transporte als „neuen Höchststand“ dramatisiert, ist vielleicht nicht auf dem rechten Auge blind. Aber es leidet unter einer verzerrten Wahrnehmung, wenn es den Popanz Islamismus mit der realen Gefahr rassistischer Gewalt gleichsetzt.