ANDREAS FANIZADEH LEUCHTEN DER MENSCHHEIT
: Deutsche Superlinke für Assad

Jetzt bereiten sie offen den Krieg gegen die strategisch wichtigen bzw. rohstoffreichen Länder Iran und Syrien vor,“ behaupten neben anderen die Linkspartei-Größen Sevim Dagdelen, Dieter Dehm und Ulla Jelpke in einem Aufruf vom Januar 2012. „Sie“, das sind nach Vorstellung der Bundestagsabgeordneten „USA und Nato“. Das Pamphlet ist mit „Appell: Solidarität mit den Völkern Irans und Syriens“ überschrieben und lässt sich über die neostalinistische Tageszeitung junge Welt digital einsehen.

Während das Regime von Baschar al-Assad mit Gewehren und Panzern weiter gegen die Zivilbewegung vorgeht, ganze Stadtviertel zusammenschießen lässt, haben Deutschlands Superlinke also ganz andere Sorgen. „Mit ständigen Kriegsdrohungen, dem Aufmarsch militärischer Kräfte an den Grenzen zu Iran und Syrien sowie mit Sabotage- und Terroraktionen von eingeschleusten Spezialeinheiten halten die USA gemeinsam mit weiteren Nato-Staaten und Israel die beiden Länder in einem Ausnahmezustand, der sie zermürben soll“, steht in dem Appell geschrieben. Die Mär von der amerikanisch-jüdischen Weltverschwörung, sie scheint unausrottbar. So wollen nicht Syrer und Iraner ihre brutalen Regime selber loswerden, nein, laut superlinker Diktion müssen dahinter schon jüdisch-amerikanische Spezialkräfte stecken. Darunter machen sie’s nicht.

Bei Autoren wie Volker Perthes („Der Aufstand. Die arabische Revolution und ihre Folgen“, Pantheon 2011) könnte man hingegen die hausgemachten Gründe der Arabellion finden: schlechte Regierungsführung, Korruption, Justizwillkür, ungleiche Reichtumsverteilung, Ignoranz. So ist auch Syriens Jugend längst per Internet globalisiert, aber 73 Prozent der unter 35-Jährigen waren 2010 ohne Arbeit. Das Neue an der Arabellion ist nun, dass sie die Probleme nicht beim „westlichen Imperialismus“ sieht, sondern endlich bei den eigenen Despotien.

Seit März 2011 sind in Syrien laut UN über 5.400 Tote zu beklagen. Es gehört zu den Wahrheiten der Geschichte, dass ein Emir von Katar den Reformbewegungen in Syrien oder Iran deutlich näher steht als demokratisch gewählte deutsche Superlinke.

Andreas Fanizadeh leitet das Kulturressort der taz Foto: privat