Mietsünder halbiert

Die Sozialsenatorin erhöht die Mietobergrenzen für Bezieher von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe – damit entfällt für 4.800 Haushalte die Umzugsdrohung. Für teure Stadtteile gibt es Aufschläge

Von Klaus Wolschner

Die Bremer Sozialsenatorin Ingelore Rosenkötter will im Oktober die Zahl derjenigen, die mehr Mietbeihilfe erhalten als eigentlich „angemessen“ wäre und anerkannt ist, auf einen Schlag halbieren: Bisher sind das rund 8.000, dann werden es 3.200 sein. Die Mietobergrenzen sollen erhöht werden – das senkt die Zahl derer, die dagegen verstoßen. Die alten Zahlen, im Jahre 2005 so festgelegt, waren unrealistisch, sagt der neue Staatsrat im Sozialressort, Joachim Schuster, und die politischen Mehrheiten seien eben heute andere. Damals hatte er als sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion an der Regelung, die der Senat der großen Koalition beschlossen hat, mitgewirkt.

Für rund 9.000 „Bedarfsgemeinschaften“ musste das Sozialressort nach den Festlegungen von 2005 Mietkosten für unangemessen teure Wohnungen übernehmen. Tausende haben Briefe bekommen mit der Aufforderung, umzuziehen oder die Mietkosten anders zu senken. Man habe damals fälschlicherweise darauf gesetzt, dass die normale Fluktuation – immerhin ziehen 13 Prozent aller Mieter jedes Jahr um – das Problem lösen würde, räumt Schuster ein.

Nun wird die andere Lösung vorgeschlagen, die Kritiker damals schon gefordert hatten: Die Mietobergrenzen werden für Einzelpersonen von 265 auf 310 Euro hochgesetzt, für jede Person mehr im Haushalt werden 60 Euro mehr anerkannt. Das hat zwei Effekte: Erstens sinkt die Zahl derer, die „unangemessen“ teuer wohnen, sofort um rund 4.000. Zweitens steigt die Zahl der Wohnungen in Bremen, die vom Preis „angemessen“ sind, schlagartig von 63.000 auf 99.000. Wohnungssuchende Hartz-IV-Empfänger haben also ein deutlich größeres Angebot.

Auch in einem anderen Punkt berücksichtigt die Sozialbehörde heute die sozialpolitische Kritik, die damals zum Beispiel von den Grünen vorgetragen worden ist: Weil sich die preiswerten Wohnungen sehr ungleich über die Stadtteile verteilen, würde die „soziale Entmischung“ durch die Sozialbehörde noch verschärft, wenn es nicht für teurere Stadtteile „Aufschläge“ bei den Mietobergrenzen gäbe. Zwischen zehn und 20 Prozent sollen die für einzelne Stadtteile betragen, kündigte Schuster an. Das senkt die Zahl der Verstöße gegen Mietobergrenzen um weitere 800. Details werden in der Sozialdeputation im Oktober vorgelegt.

Wenn die neuen Obergrenzen verbindlich geworden sind, sollen nicht wieder pauschal Drohbriefe verschickt werden, verspricht Schuster. Man wolle vorab die Einzelfälle durchgehen, in denen die neuen Obergrenzen um 50 Prozent überschritten werden. Das sind immerhin rund tausend, schätzt Schuster. Erst wenn die „abgearbeitet“ seien, sollten die restlichen 2.200 Fälle bearbeitet werden.

Die Stadt Bremen zahlt insgesamt 180 Millionen Euro pro Jahr an Wohnungshilfe. Durch die neuen Obergrenzen verzichtet der Senat auf theoretische Einsparungen von rund 5,6 Millionen Euro, haben die Gutachter von der Firma Gewos geschätzt, die für die Sozialsenatorin den „Preisgünstigen Wohnraum in Bremen“ begutachtet haben.