Am wochenende in bremen
: „Endlich nicht nur Wohlwollen“

„tanzbar_bremen“, ein Projekt von steptext dance project, zeigt die Werkschau „eigenARTig“

taz: Frau Mindt, integratives Tanztheater als Gast im Blaumeier-Atelier: Heißt das nicht, Eulen nach Athen zu tragen?

Corinna Mindt, künstlerische Leiterin von „tanzbar_bremen“: Der Bereich Tanz ist bei Blaumeier noch nicht so präsent. Es ist ja eine Form, die sehr viel Training benötigt: Wenn ich als „Fußgängerin“ mit einer Frau im Rollstuhl eine gemeinsame Bewegungssprache entwickeln will, braucht das Zeit. Und durch jeden individuellen Neueinstieg kommt bei uns eine ganz neue Bewegungsform hinzu. Durch eine gehörlose Mittänzerin in der Stammcrew sind wir unter anderem von Gebärdensprache geprägt, jetzt sind auch drei TänzerInnen mit Sehbeeinträchtigungen dabei. Das hat zur Folge, dass die möglichst exakte verbale Beschreibung von Bewegungsabläufen eine entscheidende Rolle spielt, bis hinein in die Performance. Wir stehen ja ohnehin immer wieder vor Übersetzungsfragen: Wie überträgt man bestimmte Bewegungssequenzen zum Beispiel auf den Rollstuhl?

„tanzbar“ gibt es seit drei Jahren. Was hat sich in dieser Zeit verändert?

Beispielsweise das Feedback. Es gibt jetzt mehr Mut zu Kritik an uns: Die Zuschauer scheuen sich weniger, unsere Stücke differenzierter zu beurteilen, statt uns „nur“ allgemeines Wohlwollen entgegenzubringen. Das ist sehr erfrischend. Darüber hinaus ist das Projekt deutlich überregionaler geworden. Es kommen Leute aus Hamburg und Osnabrück zu uns, weil es dort nichts Entsprechendes gibt. Kommenden Herbst wollen wir sogar ein kleines Festival mit Gästen aus Österreich, Spanien, England, der Schweiz und Belgien veranstalten. Wir haben gezeigt, dass es trotz ganz unterschiedlicher körperlicher Voraussetzungen möglich ist, miteinander zu tanzen. Jetzt wollen wir die Vielfältigkeit weiter ausloten.

Was hat sich anders entwickelt als erwartet?

Eine Hoffnung war, dass wir relativ schnell einen festen Probenraum finden. Derzeit wechseln wir immer zwischen Tanzwerk, der Schwankhalle und der Probebühne von steptext. Das ist ziemlich anstrengend, zumal wir manchmal auch ganztags proben. Und zum Turm haben Rollstuhlfahrer leider keinen Zugang. Die Suche nach einem festen behindertengerechten Proberaum bleibt. Interview: HB

„eigenARTig“: Samstag um 20 Uhr, Sonntag um 16 Uhr im Blaumeier-Atelier, Travemünderstraße 7a.