Zäher Prozessauftakt

Nach Festnahme des Angeklagten im Fall Akbaba auf Flughafen, beginnt Gerichtsverhandlung mit Aussagen von Polizeizeugen, die sich an nichts erinnern können: Die Akten seien „verschwunden“

von CHRISTIAN JAKOB

Äußert schleppend startete am Freitag vorm Landgericht der Prozess um den Tod des türkischen Sozialarbeiters Albukadir Akbaba. Anders als am Mittwoch, dem ersten Verhandlungstag, erschienen allerdings beide Angeklagte im Gericht. Der ehemalige Werftarbeiter Bekir C. war nicht rechtzeitig zum ersten Prozesstermin von einer Hochzeitsreise aus Marokko zurückgekehrt.

Sein Verteidiger Udo Würtz hatte am Mittwochmorgen eine „eidesstattliche Versicherung“ vorgetragen, derzufolge C. sich bereits an Bord eines Lufthansa-Flugzeuges nach Bremen befinden sollte. Der war aber zunächst in die Türkei und dann nach Hamburg geflogen, wo ihn die Polizei schließlich am Donnerstag festnahm. Das Gericht ordnete an, dass der Angeklagte in Haft bleibt. Würtz versuchte dies abzuwenden und die Rückreise C.s plausibel zu machen, räumte aber ein, dass ihm selbst am Mittwoch „Schwachsinn erzählt worden“ sei.

Vor Beginn der Beweisaufnahme gab die Ärztin Katharina Venzky, die einstige Lebensgefährtin, Akbabas, eine Erklärung ab. Für sie, Akbabas Freunde und vor allem die heranwachsende Tochter der beiden seien die letzten Jahre „sehr schwer zu ertragen“ gewesen. Deshalb sei es ausgesprochen wichtig für sie, dass die Ereignisse „dieses obskuren Abends jetzt sehr sorgfältig aufgeklärt werden“.

Davon konnte am Freitag zumindest keine Rede sein. Die Angeklagten erklärten, sich nicht äußern zu wollen. Und alle drei geladenen Polizeizeugen gaben entweder an „überhaupt nicht“, „nicht wirklich“ oder „nur schemenhaft“ zu wissen, worum es bei der Verhandlung überhaupt gehe. Angeblich seien beim zuständigen Kommissariat K33 die Akten zum Fall Akbaba verschwunden, weshalb sie sich nicht in den Vorgang hätten einlesen können. „In der Ladung stand nur eine Registernummer, der ich nicht mal einen Namen zuordnen konnte,“ sagte ein Spurensicherer. „Mein Stand war: Die Akten sind weg.“ Ein anderer konnte nicht einmal sagen, ob er zu jener Zeit überhaupt für die Spurensicherung gearbeitet hatte. Wegen der offensichtlichen Erinnerungslücken versuchten die Verteidiger zu verhindern, dass einem Polizisten alte Protokolleinträge vorgelesen wurden.

Der Kammervorsitzende Klaus-Dieter Schromek hatte Mühe, die Fassung zu wahren. Das Kommissariat K33 habe die Akten erst vor wenigen Wochen eigenhändig aus seinem Büro kopiert, sagte Schromek. Deshalb sei es „überhaupt nicht vorstellbar“, dass bei der Mordkommission die Akten eines Tötungsdelikts „einfach verschwinden“. „Wenn alle Polizisten so ankommen, dann können wir hier unsere Akten zuklappen“. Die drei Polizisten wurden mit der Aufforderung entlassen, sich die Akten zu beschaffen und sich für einen erneuten Vernehmungstermin vorzubereiten.

Albert Timmer, der Venzky als Nebenklägerin vertritt, nannte das Auftreten der Polizisten „unglaublich“. Er erwarte, dass die Staatsanwaltschaft nun „Druck bei der Polizei macht“. Ein Polizeisprecher konnte am Freitag keine Stellungnahme zu der Angelegenheit abgeben.

Der türkische Sozialarbeiter und Menschenrechtsaktivist Akbaba war am Pfingsmontag 2002 in Gröpelingen erschossen worden. Er war in das Haus der Eheleute Sultan und Bekir C. gerufen worden, um einen Streit zwischen den beiden zu schlichten, in deren Verlauf die Frau eine Pistole hervorgeholt hatte. Wer den tödlichen Schuss auf Akbaba abgab, ist nicht zweifelsfrei geklärt. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.