Theo Schlüter nicht geschickt

betr.: „Lieber Theo, so geht es nicht“, taz bremen vom 27. 11.

Lieber Klaus, herzlichen Dank für die Ehre, dass Du mir einen Kommentar widmest. Dass Du darin aus Dir zugespielten Briefen selektiv zitierst, dass Du spekulierst und dass Du wertest – das gehört nun einmal zu einem Kommentar. So ist das Geschäft; und das finde ich alles in Ordnung. Was ich etwas merkwürdig finde: Dass Du mich nicht einmal angerufen hast, um möglicherweise mehr zu erfahren. Eigentlich gehörte das auch zum Geschäft.

Aber sei’s drum. Zur Sache: Es ist stimmt, dass ich an Evi Lemke-Schulte und Uwe Beckmeyer geschrieben und dass ich mit Jens Böhrnsen geredet habe. Es stimmt auch, dass ich mich bei ihnen dafür eingesetzt habe, den Vertrag mit Heinz Glässgen zu verlängern. Ich habe sogar noch an mehrere andere geschrieben und mit vielen anderen geredet, um das zu erreichen. Hätte ich Dir vielleicht sogar erzählt, wenn Du mich gefragt hättest. Nun ist es zu spät.

Es stimmt allerdings nicht, dass Glässgen mich „vorgeschickt“ hätte, wovon – wie Du schreibst – „alle Welt ausgeht“. Dass Du das für möglich hältst, nachdem wir uns nun einige Jahrzehnte kennen, nehme ich Dir sogar richtig übel. Du kannst alle Chefs fragen, die ich hatte und habe: Sie alle werden Dir – zu ihrem Leidwesen – bestätigen, dass es noch niemand von ihnen geschafft hat, mich zu schicken oder vorzuschicken. Richtig ist vielmehr, dass ich von mir aus – ohne Auftrag und ohne Mandat – agiert habe. Und dafür will ich gern die Gründe nennen: Als die Ministerpräsidenten im November 1999 die Reduzierung des ARD-Finanzausgleichs beschlossen hatten, sagte ein damaliges Direktoriumsmitglied von Radio Bremen, nun könne man „nur mit weißer Fahne zum NDR fahren und um freundliche Übernahme bitten“. Alle Welt – um Deine Diktion zu übernehmen – ging damals davon aus, dass der Beschluss der Ministerpräsidenten für Radio Bremen den „Todesstoß“ bedeute.

Was aber passierte? Heinz Glässgen bestellte damals keinen Grabstein, sondern legte wenige Jahre später den Grundstein für ein neues Funkhaus – mit rund 65 Millionen Euro aus der ARD finanziert. An der Idee und der Realisierung habe ich so gut ich konnte, ein bisschen mitgearbeitet. Ich geniere mich nicht zu sagen, dass ich darauf richtig stolz bin. Da ich bei unserem Neubau-Projekt Vorsitzender des Lenkungsausschusses war, ergab es sich, dass ich auch gelegentlich mal mit anderen ARD-Intendanten geredet habe, die mir erzählt haben, wie ausgebufft Glässgen verhandelt habe.

Nun steht unser Neubau zwar seit einem Jahr, die langfristige Finanzierung Radio Bremens und anderer kleiner ARD-Anstalten ist aber immer noch nicht sicher. Die Ministerpräsidenten haben erst kürzlich die Intendanten beauftragt, eine Lösung zu finden. Und ausgerechnet in dieser Situation nun sollen wir mitten im Rennen die Pferde wechseln?

Dieses könnte ja sogar einen Sinn machen, wenn sich eine Kandidatin oder ein Kandidat anböte, der oder dem man unterstellen könnte, dass sie oder er ohne Zeitverzug, professionell, mit Autorität und der selbstverständlich notwendigen Vernetzung in der ARD für die Interessen Radio Bremens kämpfen kann. Ich habe nachgefragt, ob es denn eine solche Kandidatin oder einen solchen Kandidaten gebe. Zur Antwort habe ich immer nur bekommen: Nein, die oder den müsse man eben suchen. Aber die „politische Farbe“ solle schon stimmen. Dieses halte ich für unverantwortlich. Wer in einer so schwierigen Situation den amtierenden Intendanten demontiert, ohne zu wissen, wie es weitergehen soll, ist aus meiner Sicht ein Hasardeur. Deswegen habe ich mich eingemischt – als Beschäftigter von Radio Bremen, als Sozialdemokrat und als Bürger. Bleiben die Fragen, ob ich das a) als schlichter Redakteur überhaupt darf und ob b) ein Journalist Parteimitglied sein darf.

Zu a) Ich habe niemanden gefragt, sondern für mich entschieden, dass ich das ebenso darf wie sich jede Beschäftigte und jeder Beschäftigte jedweden Betriebes für den Erhalt ihres oder seines Arbeitsplatzes einsetzen darf.

Zu b) Viele Menschen werden heute vermutlich sagen, ein Journalist dürfe kein Parteimitglied sein. Ich habe zu einer Zeit diesen Beruf gewählt, als nicht wenige Journalisten nicht nur kein Problem damit hatten, sondern es für selbstverständlich hielten, demokratische Prozesse nicht nur zu beobachten, sondern auch mitzugestalten. Die Frage ist doch, ob man sich bei der journalistischen Berichterstattung von einer Partei instrumentalisieren lässt. Das habe ich nie getan. Dennoch gucke ich nicht einfach zu, wenn Scheiße passiert, sondern ich mische mich ein. THEO SCHLÜTER, RB-Redakteur und immer noch taz-Leser und Sozialdemokrat