heute in bremen
: „Wilhelm, hol sofort den Gänsekiel!“

Die BremerInnen sollen sich Märchen ausdenken

taz: Herr Grimm, der Parlamentspräsident ruft die Bremer dazu auf, sich neue Märchen auszudenken. Wie finden Sie das?

Wilhelm Grimm: Sie müssen schon genauer sagen, von wem Sie jetzt eine Antwort haben wollen. Aber wo ich schon mal das Wort ergriffen habe: Bodenlos ist das! Da haben wir den Bremern ihr Haus- und Hofmärchen geschenkt – und jetzt ist das plötzlich nicht mehr gut genug.

Jacob Grimm: Ich denke doch, ich war vornehmlich mit „Herr Grimm“ gemeint. Aber ausnahmsweise hat mein kleiner Bruder Recht: Wer die alten Märchen nicht ehrt, ist des Happy Ends nicht wert.

Sehr geehrte Gebrüder, unser Parlamentspräsident meint es doch nur gut! Es soll ein Buch mit aktuellen „Geschichten über arme und reiche Leute entstehen“ – man kann ja nicht ewig beim „Es war einmal“ bleiben.

Jacob Grimm: Kann man wohl. Wissen Sie, was ich glaube?

Nein.

Jacob Grimm: Die wollen sich nur an uns rächen. Weil all‘ die Tiere nie in Bremen ankamen sondern lieber im Wald geblieben sind. Kann man auch verstehen.

Na, na, na. Bremen ist schon schön! Aber in der Tat könnte man die Geschichtenoffensive als Ablenkungsmanöver verstehen. Ist Märchen ausdenken nicht eine andere Form des Kopf-in-den-Sand-Steckens? Wir sind ja Haushaltsnotlageland.

Wilhelm Grimm: Was sind Sie?

Also, nun, die Gulden reichen nicht. Taler alle. Eben Ebbe. Verstehen Sie?

Wilhelm Grimm: Durchaus. Wie bedauerlich! Haben Sie es schon mal mit des Teufels drei goldenen Haaren probiert? Die können einen reich machen! Oder wenn man um Mitternacht, bei Vollmond...

So ähnlich probieren wir das doch die ganze Zeit! Aber wenn Sie mal ein paar neue Vorschläge hätten?

Jacob Grimm: Wilhelm, hol sofort den Gänsekiel, die brauchen uns ganz dringend! Also, im Werdersee, da liegt ein Sch... (gehen angestrengt nachdenkend ab).

Interview: HB

Ab heute können sich die BremerInnen mit eigenen Geschichten am Buchprojekt beteiligen. Nähere Informationen: ☎ 0421 - 79 02 62 (Wilhelm Kaisen-Bürgerhilfe)