„Bildung neu formulieren“

Vortrag zu Bildung und sozialer Spaltung der Stadt

taz: Herr Liffers, um die Bildung in sozial benachteiligten Stadtteilen steht es schlecht...

Lutz Liffers, Bremer Soziologe: Die soziale Spaltung der Stadt spiegelt sich im Bildungssektor dramatisch wieder. Die schwachen Stadtteile müssen die sozialen Probleme und Konflikte stellvertretend für die gesamte Stadt auffangen und lösen. Gerade die Schulen können das oft nicht alleine leisten, dazu sind sie gar nicht ausgestattet.

Was kann helfen?

In den Stadtteilen müssen sich verschiedene Akteure für Bildung verantwortlich zeigen: Kultur, Gesundheit, Soziales, die lokale Ökonomie. Das erfordert neue Strukturen der Zusammenarbeit. Und ein neues Verständnis von Bildung.

Welches?

Kulturelle Bildung ist ein wichtiger Bestandteil. Schule betont oft die Defizite, die Kinder und Jugendliche haben. Mit kultureller Bildung gibt man ihnen die Möglichkeit, Fähigkeiten an sich selbst zu entdecken – frei vom Leistungskontext der Schule.

Passiert derzeit konkret etwas in diese Richtung?

Wir vom Verein „Kultur Vor Ort“ haben mit vielen Partnern das „Bildungsnetzwerk abc“ initiiert. Uns interessieren besonders die Übergangsphasen, in denen Kinder mit wenig Chancen oft verloren gehen: Von der Kita zur Grundschule, zur weiterführenden Schule, in die Ausbildung, in lebenslanges Lernen. Dazu planen wir so genannte Übergangsmodule, künstlerische Werkstätten, in denen Kinder und Jugendliche eigene Themen ganz anders anpacken können. Diese Arbeit geschieht in enger Kooperation mit den Schulen – aber außerhalb der Schule.

Wie erleben Schüler das Aufwachsen in einem sozial problematischen Quartier?

Vor allem die Jugendlichen erleben die soziale Spaltung der Stadt als Stigmatisierung. Bei der Ausbildungssuche ist es etwa für sie schwerer, mit einer Gröpelinger Adresse einen Ausbildungsplatz zu bekommen. INT.: THA

11 Uhr, Haus der Wissenschaft