„Nelson Mandela für die Kurden“

PROZESS Stadtamt und Kurden-Verein Birati streiten um das Bild des inhaftierten PKK-Gründers Öcalan

1993 erließ Innenminister Manfred Kanther das PKK-Betätigungsverbot, das auch für alle aus der PKK hervorgegangenen Organisationen gilt. 2008 entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin, dass das Zeigen von Bildern Öcalans je nach Gestaltung und Kontext den Tatbestand des Verwendens von Kennzeichen einer verbotenen Organisation – der PKK – erfüllen kann. Erlaubt sei es, wenn „es Ausdruck der Sorge“ um Öcalans Wohl ist. (cja)

Kann das bloße Zeigen des Bildnisses einer Person schon als politische Betätigung gewertet – und deswegen verboten werden? Diese Frage beschäftigte am Donnerstag das Verwaltungsgericht. Birati e.V., der größte kurdische Verein in Bremen, hatte gegen eine Verfügung des Stadtamtes geklagt. Dieses hatte den Birati-Mitgliedern verboten, bei einer Demo Bilder des inhaftierten PKK-Gründers Abdullah Öcalan zu zeigen und die Parole „Lang lebe Öcalan“ zu rufen.

Mit der Demo unter dem Motto „Stoppt die Kriminalisierung der Kurden“ wollte Birati am 11. April 2008 dagegen protestieren, dass die Polizei ihr Büro und zehn Privatwohnungen durchsucht hatte, um „Frontarbeiter“ für eine verbotene PKK-Nachfolgeorganisation zu überführen. „Für uns ist Abdullah Öcalan ein Symbol der Freiheit“, sagte der Birati-Vorsitzende Yücel Koc – und kein Symbol der PKK. „Würden wir Werbung für die PKK machen wollen, dann würden wir PKK-Fahnen zeigen.“ Öcalan sei „Teil der Identität des kurdischen Volkes und deswegen schadet dieses Verbot unserer kulturellen Identität“.

Eine türkische Zeitung habe Öcalan kürzlich – ungestraft – als „Nelson Mandela der Kurden“ bezeichnet. „Das sagen türkische Intellektuelle sogar in der Türkei, aber unsere Mitglieder hier in Bremen dürfen das nicht sagen. Das ist absurd“, so Koc. „Wir wollen uns hier gut integrieren, aber zu unserer Identität gehört, dass wir selber entscheiden, welche Symbole dazu gehören.“ Birati habe immer sein „Bestes gegeben, um mit dem Stadtamt und der Polizei zu kooperieren“, so Koc.

„Das stimmt“, sagte der stellvertretende Stadtamts-Leiter Joachim Becker. Öcalan-Bilder seien nicht grundsätzlich verboten, sie dürften gezeigt werden, wenn es „um seine konkrete Person“ gehe, etwa um seine Haftbedingungen. Sonst aber gelte das Öcalan-Bild als Kennzeichen der PKK-Nachfolgeorganisationen – und die sind mit einem Betätigungsverbot belegt. Im Fall der Birati-Demo habe ein solcher „politischer Kontext mit der Kurdenfrage“ bestanden. Und dort sei Öcalan eben ein „politisches Symbol und es würde mich auch sehr wundern, wenn dass von ihnen nicht so gesehen würde“, sagte Becker zu Koc.

Die Richterin kündigte an, in der nächsten Zeit eine schriftliche Entscheidung zu fällen. CJA