BENNO SCHIRRMEISTER ÜBER POLITISCHE BILDUNG
: Majestätischer Pluralismus

Wer ist eigentlich – „wir“? Die Frage stellt sich, wenn Herbert Wulfekuhl im Namen dieses Wir mögliche und unmögliche Realitätsbeschreibungen definiert. Und darauf eine Ablehnung von Veranstaltungen stützt.

Dass er Veranstaltungen ablehnt, gehört zweifellos zu seinen Aufgaben. Denn natürlich braucht die Landeszentrale Ringo Ehlert kein Forum zu bieten, um sich als ständiger Vertreter der DDR zu produzieren. Wer die Rechtsordnung komplett ablehnt, kann von ihr Schutz, aber keine Förderung erwarten.

Ein Zeichen von gravierender politischer Unbildung hingegen ist es, wenn Wulfekuhl im Namen des Wir eine Bewertung einzelner Rechtstitel verbindlich machen will: Sicher war es nicht die Intention des Gesetzgebers, mit den Paragrafen 129 a) und b) des Strafgesetzbuchs linke Opposition zu kriminalisieren. Aber noch viel sicherer haben sie der Exekutive mehrfach genau dazu gedient: Dass dies geschah, und dass dies zu Unrecht geschah hat der Bundesgerichtshof nicht nur im Falle von Andrej Holm festgestellt.

Die Ansicht, dass es dieses staatliche, auf den Paragrafen 129 gestützte Unrecht gab, wäre also, laut Wulfekuhl,„nicht kompatibel mit der Realität wie wir sie sehen“? Wen meint er bloß mit diesem Wir? Keinen Schimmer. Klar ist nur: Es steht für eine sehr majestätische Pluralismus-Auffassung.