„HSV-Fans wie Gäste behandeln“

NORDDERBY Bei Werder-Spielen werden Fan-Märsche zum Stadion nicht mehr genehmigt – nicht nur die der HSV-Fans. Thomas Hafke vom Fan-Projekt Bremen bedauert das

■ ist Sozialwissenschaftler und Leiter des Fan-Projekt Bremen e. V.

INTERVIEW TERESA HAVLICEK

taz: Herr Hafke, wie ist die Stimmung unter den Werder-Fans vor dem Nordderby Werder gegen den Hamburger SV?

Thomas Hafke: Die konzentrieren sich im Großen und Ganzen auf das sportliche Ereignis im Stadion. Ein paar Aktionen werden die Fans sicher vorbereitet haben. In der vergangenen Saison haben sie den HSV-Mannschaftsbus mit einem Flashmob vorm Stadion begrüßt und mit Papierkügelchen beworfen – in Erinnerung an die so genannte Papierkugel Gottes aus dem Uefa-Pokal-Finale. Solche Aktionen sind harmlose Späße, mit denen kann man umgehen.

Dabei bleibt es bei Spielen zwischen Werder und dem HSV aber nicht immer.

Das stimmt. Mit welchen Repressionsstrategien das zu lösen ist, ist Aufgabe der Polizei. Als Fan-Projekt ist uns vor allem wichtig, dass man mit der Polizeistrategie nicht überzieht und Leute trifft, die nichts mit Auseinandersetzungen zu tun haben. Wir erwarten von der Polizei, dass sie differenziert. Und dass sie die Hamburger, die heute nach Bremen kommen, wie Gäste behandelt.

Die HSV-Fans werden heute nicht durch die Innenstadt zum Stadion ziehen, sondern mit Bussen vom Bahnhof zum Osterdeich gebracht. Fan-Märsche werden in Bremen künftig gar nicht mehr genehmigt. Eignet sich diese neue Strategie, um Gäste zu empfangen?

Nach Vorfällen wie die beim letzten HSV-Fanmarsch kann ich den Entschluss nachvollziehen. Auf der anderen Seite bedaure ich, dass es gar keine Märsche mehr geben soll. Die können sehr schön sein – und sehr friedlich. Man sollte auch bei den Fan-Märschen differenzieren.

Wie lässt sich differenzieren?

Indem man von Spiel zu Spiel entscheidet, ob ein Marsch genehmigt wird. Und abwägt: Was sind das für Fans, die in die Stadt kommen? Wie ist das Verhältnis zu den Werder-Fans? Wenn in der kommenden Saison zum Beispiel der FC St. Pauli nach Bremen kommt, kann ich mir einen Fan-Marsch sehr gut vorstellen. Mit den Pauli-Fans lässt sich reden, mit denen kann man Absprachen treffen.

Mit einem neuen Konzept wollen Polizei, Innenressort und Fanbeauftragte Ausschreitungen beim Spiel HSV-Werder verhindern.

■ Ab sofort verboten sind demzufolge „Fanmärsche“. Aus ihnen heraus würden „häufig Straftaten“ verübt, sagte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) gestern. Kleinere Ansammlungen von Fans werden nach Polizeiangaben geduldet, solange sie friedlich sind.

■ Die Fans werden mit Bussen direkt vom Hauptbahnhof zum Osterdeich gefahren. Von da gehen sie dann zu Fuß an der Weser entlang zum Stadion.

■ In den letzten drei Heimspielen gegen den HSV nahm die Polizei 245 Personen in Gewahrsam. Außerdem wurden 39 Strafanzeigen und sieben Verletzte gezählt. mnz

Und wie gut geht das mit den Werder-Fans?

Das kommt darauf an, um welche Absprachen es geht. Ich erlebe unsere Fans als sehr aufgeschlossen und gesprächsbereit. Auch der Kontakt zur Polizei ist meiner Einschätzung nach unproblematisch. Das mag mal anders sein, wenn es etwa darum geht, die Werder-Fans zu beschneiden.

Was macht eigentlich das Fan-Projekt während der Begegnungen?

Vor und nach den Spielen betreuen wir den Ostkurvensaal als Treff für die Werder-Fans. Wir sind auch auf den Straßen unterwegs und dort ansprechbar. Heute werden wir natürlich auf die neue Strategie der Sicherheitskräfte achten und schauen, was wir in Zukunft machen wollen.