„Was ist Cybergrooming?“

MISSBRAUCH Eine neue Website von Schattenriss e. V. bietet Mädchen professionelle Beratung bei sexuellen Übergriffen, anonym über das Internet

An prominenter Stelle findet sich der Hinweis, wie der private Modus im Browser aktiviert werden kann

VON JEAN-PHILIPP BAECK

„Es ist ein schwerer Weg in die Beratungsstelle“, sagt Anke Fürste von Schattenriss e. V. Eine neue Website der Bremer Beratungsstelle gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen bietet seit gestern nun direktere Hilfe.

Unsicherheit, Scham- und Schuldgefühle bewegten die Mädchen, die manchmal Jahre bräuchten, bis sie bei Schattenriss auf der Türschwelle stünden. Dann meist zusammen mit einer Bezugsperson, der sie sich bereits anvertraut hätten, berichtet Ute Kloss-Pawelzik, die seit 2001 als Kunsttherapeutin für Schattenriss tätig ist.

Die neue Onlineberatung vereinfacht nun die Kontaktaufnahme, die entweder virtuell bleibt oder an die sich Telefonate oder persönliche Gespräche anschließen können. Die Sozialpädagogin Anke Fürste wird Hilferufe oder Fragen, die von Mädchen anonym über die Website abgeschickt werden können, innerhalb von 48 Stunden beantworten. Auf Deutsch, Russisch oder Türkisch – in insgesamt neun Sprachen werden die Besucherinnen begrüßt und können zwischen zwei Profilen wählen: Einem für jüngere Mädchen ab 12 Jahren, einem für ältere Mädchen bis 25 Jahren.

An prominenter Stelle findet sich der Hinweis, wie der private Modus im Browser aktiviert werden kann. Oft stehe den Mädchen der Computer nicht allein zur Verfügung, so Anke Fürste. Bei Missbrauchsfällen in der Familie solle verhindert werden, dass der Besuch der Beratungswebsite später in der Chronik des Browser sichtbar wird und dies die Mädchen in Gefahr bringt. Über einen Ausgangsbutton werden die Mädchen abgemeldet und gelangen direkt zur Google-Suche, falls etwa der Vater plötzlich den Raum betrete.

Die technische Sicherheit sei ein großes Anliegen gewesen, so Fürste. Die Onlineberatung entspräche den Datenschutzstandards und die Server seien gegen Hackerangriffe geschützt. Sicherheit im Netz ist auch auf der Website selbst ein Thema: „Woran erkenne ich sexuelle Übergriffe im Internet?“, „Was ist Cybergrooming?“– das gezielte, sexuelle Ansprechen von Minderjährigen im Chat – oder Tipps zum sicheren Chatten finden sich dort. „Übergriffe mit Handys oder über das Internet nehmen zu“, sagt die Sozialpädagogin Maren Kleine-Tebbe von Schattenriss. Die Website solle daher auch Medienkompetenz vermitteln und präventiv wirken. Keine Verbote, sondern Hilfe, wie sich Mädchen verhalten sollten, wenn sie beispielweise im Chat aufgefordert würden, ein leicht bekleidetes Foto von sich zu verschicken, oder sich vor der Webcam zu bewegen.

Während die Beratungsstelle Schattenriss von der Stadt Bremen seit 1993 gefördert wird, wurde die Onlineberatung komplett ohne öffentliche Mittel finanziert. 2010 wurde ein Projektantrag von der ARD-Fernsehlotterie bewilligt, seitdem kümmert sich Anke Fürst um den Aufbau. Ihre halbe Stelle wird von den 75.000 Euro der Fernsehlotterie für drei Jahre finanziert, das restliche Viertel der Finanzierung für Software-Schulung und technische Umsetzung kamen von Bremer Sponsoren wie der Bremer Landesbank. Zudem sammeln auch die SchülerInnen des Ökumenischen Gymnasiums Spenden.

www.schattenriss-onlineberatung.de