ROT-GRÜN: SPD will auf Soziales verzichten

Die Koalition will ihre Arbeit wie bisher fortsetzen. Im neuen Koalitionsvertrag gibt es daher keine Überraschungen - Streit kündigt sich an um das grüne Sozialressort

Muss ihren Posten als Senatorin räumen: Ingelore Rosenkötter (SPD), hier mit Bürgermeister Jens Böhrnsen (links) und Martin Günthner (SPD), der jetzt nicht nur Wirtschafts- sondern auch Arbeitssenator wird. Bild: dpa

Das hat es in der Bremer Geschichte nach dem Kriege noch nicht gegeben: Die SPD will das Sozialressort an den Koalitionspartner abgeben. Anja Stahmann (Grüne) soll Senatorin werden, Horst Frehe ist als Staatsrat im Gespräch. Aber davor ist noch der SPD-Landesparteitag am 25. Juni, der den Personalvorschlag beschließen muss.

Der frühere Staatsrat Hans-Christoph Hoppensack hat in einer internen Rundmail an Parteifreunde angekündigt, dass er "auf Widerstand sinnt". Ein "Schock" sei für ihn die Nachricht gewesen, die Zerschlagung des Sozial- und Gesundheitsressorts sei "völlig sinnlos", die Angliederung des Gesundheitsressorts an das für Bildung "gehört ins Guinnessbuch der Rekorde politischen Unfugs". Auch kritisiert er den "unwürdigen Umgang mit Ingelore Rosenkötter". Die bisherige Sozialsenatorin Rosenkötter hatte bei den Bürgerschaftswahlen das drittbeste Personenstimmen-Ergebnis bekommen, sie soll nun ihr Amt verlieren - Bürgermeister Jens Böhrnsen hat ihr angeboten, Staatsrätin mit Senatsrang für Bundesratsangelegenheiten und Europa zu werden. Sie hat sich bis Samstag Bedenkzeit ausbedungen.

Zu den Personalien wurde sonst auf der abschließenden Pressekonferenz der Koalitionäre gestern noch nichts gesagt. Es gilt aber als ausgemacht, dass Joachim Lohse, Umweltdezernent aus Kassel, Nachfolger für Reinhard Loske werden soll. Die Mitgliederversammlung der Grünen nominiert ihre KandidatInnen am 27. Juni. Der neue Umweltsenator soll, wie vor vier Jahren einmal geplant, zwei neue Staatsräte bekommen - einen für Umwelt und einen für den Bereich Bau und Verkehr. Der bisherige Staatsrat Wolfgang Golasowski steht intern so stark in der Kritik, dass er wohl nicht wieder berufen wird. Der SPD-Sozialstaatsrat Joachim Schuster soll im vergrößerten Ressort von Renate Jürgens-Pieper die Bereiche Wissenschaft und Gesundheit übernehmen.

Da die Grünen rechnerisch nach dem Wahlergebnis bei sieben Senatoren einen Anspruch auf 2,6 haben, die SPD auf 4,4, war es Konsens, dass es in der Koalitionsarithmetik ein grünes Ressort mehr geben sollte. Anja Stahmann war als Senatorin gesetzt, die Ressortentscheidung zwischen Bildung und Soziales fiel nach langen Beratungen. Offenbar war eher die Frage entscheidend, worauf die SPD verzichten würde als worauf die Grünen den Zugriff beanspruchten. Für beide Ressorts gibt es kein spezifisches grünes Profil, das sich von dem sozialdemokratischen abheben würde - abgesehen von dem Streitthema Zulassung privater Schulen.

Kristina Vogt von der Linken kritisiert, dass das Koalitionsprogramm unter dem Finanzierungsvorbehalt stehe. Torsten Staffeldt (FDP) findet, dass der geplante Abbau von 950 Vollzeit-Stellen in vier Jahren "bei weitem nicht ausreicht". Thomas Röwekamp (CDU) kritisierte die geplante Angebung der Lebensarbeitszeit von Polizisten von 60 auf 62 Jahre. Insgesamt sei der Koalitionsvertrag "kein großer Wurf, das war nichts".

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