Sparen bei der Polizei

Rot-Grün (2) Bisher wurde dort weit unterproportional gekürzt, nun sollen Polizisten bis 62 arbeiten, um Stellen zu sparen. Die Gewerkschaft schimpft

Bei Bremens „dramatischer Haushaltslage“ die Schwächeren im Blick zu behalten, haben sich SPD und Grüne vorgenommen: Aber was heißt das genau? Die taz checkt in loser Folge einzelne Kapitel des Koalitionsvertrages.

■ Heute: Folge 2 – Innenpolitik

■ Erschienen: „Undenkbares Bremen“ – Kulturpolitik (21. 6.)

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat ihr Urteil schon gefällt: „Getrickst, getäuscht, im Stich gelassen“ werde die Polizei von SPD und Grünen. Düster warnt sie, dass deren Koalitionsvertrag „ernste Auswirkungen auf die innere Sicherheit“ haben werde. Die Polizei werde künftig „überaltert und noch teurer“ sein.

Tatsächlich wollen die Koalitionäre die Beamten schrittweise bis 62 statt bis zum Alter von 60 arbeiten lassen. 1,2 Prozent Stelleneinsparung bringt das, die Polizisten gehen damit noch immer fünf Jahre früher als andere in Ruhestand. Für eine überproportionale Belastung hält Rot-Grün das nicht: „Überall im öffentlichen Dienst wird seit Jahren massiv Personal abgebaut. Die Polizei ist von allen Bereichen am geringsten betroffen“, hatte der SPD-Landesvorsitzende Andreas Bovenschulte vor der Wahl gesagt. Angesichts der Haushaltslage sei sie „keine Gruppe, der es besonders schlecht geht“.

Auch an anderer Stelle dürfte die GdP dem Koalitionsvertrag wenig abgewinnen können: Die schon seit Mitte der letzten Legislaturperiode debattierte anonyme, aber individuelle Kennzeichnung von Polizisten bei Großeinsätzen soll nun verbindlich kommen. So soll dem Umstand begegnet werden, dass Opfer von Polizeigewalt es bislang extrem schwer hatten, gegen die in ihrer Uniform kaum zu erkennenden Täter vorzugehen. Zwar steht im Vertrag eindeutig drin, dass die Kennzeichnung „unter strikter Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung“ der Beamten geschehen werde.

An anderer Stelle muss Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) Kröten schlucken: Die als „Vorratsdatenspeicherung“ bekannte anlasslose Telekommunikationsüberwachung wird von SPD und Grünen unzweideutig abgelehnt. Mäurer hatte das Instrument in der Vergangenheit für unverzichtbar erklärt.

Teils stehen in den Abschnitten des Koalitionsvertrags, die sich mit Innenpolitik beschäftigen, durchaus fortschrittliche Vorhaben. Doch vor vielen von ihnen stehen die Verben „sollen“ oder „müssen“ – gern im Konjunktiv: So „müsse“ den Opfern von Zwangsprostitution unbürokratisch geholfen werden. An der Beratungsstelle für Opfer von Zwangsprostitution werde man sich auch künftig beteiligen – ob der Erhalt gesichert wird, bleibt offen.

Auch „sollte“ die Abschiebehaft durch ein „transparentes, abgestuftes Verfahren ersetzt werden“. Für die Abschaffung der Residenzpflicht will man sich einsetzen, ebenso für die stufenweise Abschaffung der Unterbringung von Flüchtlingen in Heimen. Gleiches gilt für die Zahl der Menschen, die mit einer Duldung leben müssen.

Öffentliche Video-Überwachungen soll „überprüft“ werden. Christian Jakob