„Mit Klauen und Zähnen verteidigen“

HAUSHALT Keine Sicherheit ohne Gegenleistung: Das Bremer Theater muss Stellen abbauen. Der künftige Intendant weigert sich jedoch, dies beim künstlerischen Personal zu tun

„Der Kontrakt mit dem Theater soll nicht zu Lasten der anderen Bremer Kultureinrichtungen gehen.“ Mit diesen Worten reagiert Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz (SPD) auf Kritik unter anderem der CDU am Vertragswerk, das dem Theater bis 2017 einen jährlichen Zuschuss von 26 Millionen Euro zusichert. Der Kulturrat hatte vergleichbare Planungssicherheit auch für die anderen Bremer Kultureinrichtungen gefordert.

Der Sechsjahres-Kontrakt schließt an den 2012 auslaufenden Notlagentarifvertrag an, mit dem versucht worden war, die Altschulden des Theaters abzutragen – auch durch Gehaltseinsparungen. Dem stand jedoch unter anderem Hans-Joachim Freys Musical-Pleite im Weg. Der künftige Kontrakt, der vom Kulturressort, der aktuellen und der künftigen Theaterleitung sowie dem Betriebsrat gemeinsam ausgehandelt wurde, enthält keine Regelungen über den Umgang mit den Altschulden, beinhaltet jedoch abermalige Sparanstrengungen des Theaters im Umfang von gut einer Million Euro. 640.000 Euro werden nach Angaben von Sabine Rühl, der Verwaltungsdirektorin des Hauses, bei den Produktionsetats gespart. Das Marketing wird um 75.000 Euro geschröpft, die „allgemeinen Verwaltungsaufwendungen“ um 124.000 Euro. Bei den Personalkosten sollen es 300.000 Euro weniger sein. Der kommendes Jahr antretende Intendant Michael Börgerding will Verrentungen und sonstige Fluktuationen für den Stellenabbau nutzen, schließt aber betriebsbedingte Kündigungen aus. Wie viele Köpfe wegfallen werden, sei noch nicht exakt abschätzbar. Börgerding betont allerdings: „Ich bin nicht bereit, die künstlerischen Ensembles zu verkleinern.“ Deren Ist-Größe werde er „mit Klauen und Zähnen“ verteidigen. Die derzeit 18 festen SchauspielerInnen beispielsweise seien das absolute Minimum, die Theater halb so großer Städte verfügten mitunter über 25 Sprechtheater-Kräfte.

Tariferhöhungen sollen, so heißt es in dem Kontrakt, „in der Höhe der vom Senat beschlossenen Tarifvorsorge zur Verfügung gestellt werden“, die allgemeine Vorsorgeplanung des Landes Bremen geht derzeit von einer durchschnittlichen Steigerung von 0,9 Prozent aus. Darüber hinausgehende Abschlüsse fallen dem Theater auf die Füße – dem im Kontrakt gleichzeitig der Fortbestand als „Vierspartenhaus auf hohem künstlerischem Niveau“ zugesichert ist. Schon ein Prozentpunkt mehr bedeutet für das Theater einen Mehraufwand von rund 250.000 Euro.

Am 1. November befasst sich die Kulturdeputation mit dem Theaterkontrakt. Bis dahin, versichert Kulturstaatsrätin Emigholz, werden den Parlamentariern die notwendigen Unterlagen zur Verfügung gestellt.

HENNING BLEYL