„Down wird aussortiert“

WELT-DOWN-SYNDROM-TAG Lesung zum Start einer Kampagne gegen Selektion

■ 40, Sozialpädagogin und Autorin, engagiert im Elternverein 21 Hoch 3, hat vier Kinder, eins hat Trisomie 21.

taz: Frau Hennemann, Sie wollen heute auf einen Bluttest aufmerksam machen, mit dem eine Schwangere erkennen kann, ob sie ein Kind mit Down-Syndrom erwartet. Ist der überhaupt schon auf dem Markt?

Judith Hennemann: In den USA ist er das und in Deutschland soll er im April eingeführt werden, als freiwillige, also kostenpflichtige Leistung.

Es gibt bereits Tests auf Trisomie 21. Was ist hier anders?

Bei diesem Test bleibt die Fruchtblase intakt und es besteht kein Risiko einer Fehlgeburt. Wir befürchten, dass er in der Zukunft deshalb in jeder Schwangerschaft als Reihenuntersuchung eingesetzt werden wird. Das würde den Druck auf die Frauen, die Kinder nicht zu bekommen, erhöhen. Embryonen würden gezielt aussortiert, weil sie für nicht lebenswert erachtet werden.

Aber davor schützt doch das in Deutschland sehr strenge Embryonenschutzgesetz.

Da wäre ich mir nicht so sicher. Uns geht es um die gesellschaftliche Entwicklung. Ich will nicht in einer Gesellschaft leben, in der Menschen das Lebensrecht abgesprochen wird nur weil sie anders als die Norm sind. Das würde auch meiner Familie und meinem Kind die Daseinsberechtigung absprechen. Ich habe auch den Eindruck, dass dieser Test den meisten Menschen zu weit geht.

Aber gleichzeitig können sich die wenigsten ein Leben mit einem Down-Kind vorstellen.

Und dagegen setze ich meine Erfahrungen. Ich betrachte es als meine Aufgabe, darüber aufzuklären, wie schön mein Leben mit meiner Tochter ist. Ich würde es um nichts in der Welt tauschen. EIB

Um 18.30 Uhr liest Hennemann aus ihrem Buch „Besonderes Glück“, Zentralbibliothek